Die Karolinger.
309
altangestammten Fürsten der Franken, deren Ursprung
niemand erforfchte, deren Recht kein Mensch anzweifelte.
Sie bestiegen den Thron mit der Unabänderlichkeit eines
Naturgesetg,es. ,,Wie die Sonne am Himmel stehtH
sagt ein alter Schriftsteller ,,so hatte dieses Geschlecht
im königlichen Glanz mitten unter den Franken gestanden
und keiner hatte ihre Stellung beneidet nnd keiner ihrer
begehrt.lt Die Macht war ihnen allmälich entschlüpft,
aber das Recht, das auf dem geheimnisvollen Boden der
Ueberlieferung ruhte, bestand nach wie vor und hatte
drei Generationen lang das aufstrebende Herrschergefchlecht
gehindert, der Schattenkönige vollständig Herr zu werden.
Allerdings verdankten die Karolinger die Krone ihren
Thaten nnd Werken, aber eben deshalb erschien ihre
Würde weniger unantastbar; sie hatte man die Stufen
zum Thron emporklimmen sehen und viele fränkifrhe Ges
schlechter, die nun vor ihnen sich beugen sollten, waren
vormals ihresgleichen gewesen.
Freilich hatte der jungen Dynastie die Kirche mit
ihrer Autorität unter die Arme gegriffen; aber die halb:
wilden Franken waren troH einer zweihundertjährigen
Bekehrung mehr abergläubisch als fromm; und für die
heidnischen Stämme war der christliche Segen nur ein
weiterer Weigerungsgrund. Es lag daher im wohlverstan:
denen Interesse der königlichen Emporkömmlinge, den Eins
fluß der Kirche und damit die ideale Grundlage ihres
MachtbesiZes nach Kräften zu stärken und auszubreiten.
Dies geschah denn auch, und es währte nicht lange, so