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Studien.
Freie
das richtige Jdeal verlangt, treiben sie vielmehr den Be:
griff auf die Oberfläche des Bildes, um seine Ablösung
zu erleichtern. Durch diesen instinktiven Prozeß innerer
Notwendigkeit bewirken sie all1nälich die Trennung, die,
wie wir gesehen haben, für die Kunst selber wie fiir den
Geist überhaupt eine absolute Lebensbedingung ist. Denn
erst wenn der Mensch denken gelernt hat, kann der Künstler
das Bild beherrschen. Je freier aber der Gedanke ist,
desto vollständiger wird er die Empfindung durchdringen,
desto selbstbewußter das Jdeal zu einem wahren Bilde
der Idee erweitern.
XIl.
Nichts ist 1nerkwürdiger als das intellektuelle Vers
fahren der ursprünglichen Völker. Sie begreifen mit Hilfe
des Bilds, sie verbildlichen mit Hilfe des Begriffs, sie
machen ans dem Abstraktum ein Jdeal, aus dem Jdeal
ein Symbol, aus dem Symbol einen Kultus, aus dem
Kultus eine Gottheit, oder auch umgekehrt das alles
läuft durcheinander in dem Bewußtsein des Jndividuu1ns
wie in der Organisation der Gesellschaft. Sie merken
wohl einen Unterschied zwischen der sinnlithen und der
geistigen Wahrnehmung, aber sie verwechseln beide ohne
Unterlaß. Wie ihre Gedanken vom Bilde getrübt werden,
so werden ihre Bilder vom Gedanken entstellt. Deshalb