Kolorismus.
Bonnat.
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halbgetvachsenen Schwesterchen in spielender Zärtlichkeit
sich abgibt. Beide Bilder sind bezaubernd, voll Anmut
und Frische, voll Leben und Wahrheit. Dabei zeigt die
malerische Behandlung ebensoviel Talent als Geschicklichkeit;
einfach, breit, pastos, ungemein farbig bei der tiefsten
Harmonie der Stimmung, erinnert dieselbe durch die
Leuchtkraft und Energie der Modellirung an die täuschende
Körperlichkeit des Stereoskops. Nicht minder gelungen
find zwei lebensgros;e Kinderfiguren, ,,Pasqua Mariall,
ein liegendes, schelmisch lächelndes Mädchen, und ,,Mezzo
Bajocco Eccellcnzatt, ein stehender bettelnder Knabe
beide durch Ausdruck und Malerei gleich vortrefflich.
Jn der leZteren Zeit hat sich Bonnat auch als
Porträtist einen bedeutenden Namen gemacht. Seine
Bildnisse zeichnen sich durch eine große Unmittelbarkeit
der Auffassung und infolge dessen durch den Vorteil aus,
das; man über der Person das Konterfei vergißt. Neben
einem höchst erfreulichen ,,ThiersU diesem intel1igenten
Rundkopf, halb Nachteule halb Papagei kam aller:
dings ein minder gelungener ,,Don Carlost mit dem
Aussehen eines Räuberhauptn1anns zum Vorschein; doch
dürfte diese Auffassung wenigstens für die Aehnlichkeit
sprechen. Sein ,,Victor Hugot ging gleichfalls etwas
mehr auf die plastifche Kraft und Lichtwirkung der äußeren
Erscheinung als auf Hervorhebung des intimen Charakters
aus; aber wenn der seelische Ausdruck des sinnenden
Dichters im Pinsel blieb, so kam die hervorragende
Fähigkeit des farbsinnigen Malers zu um so größerer