53
oder sie bei vorüberziehendem Regengus3 lichtblaß
himmelwärts heben: wir Tannen müssen unter grol:
lenden Wolken leben; nur wenn die Stürme mit uns
streiten, recken wir unsere Aeste dahin oder dorthin,
wie Menschen in einem Traum ihre Arme ausstrecken.
Und schließlich mögen die schwachen Bäume der Ebene
sich gar gern um den legten Lebensfunken wehren,
nochmals, nachdem sie abgehauen sind, schwache Schößi
linge aus den Wurzeln treiben: wir, die mit dem
Schwerte schaffen, erliegen kühn; unser Sterben
sei ein vollständiges und seierliches wie unsere
Kriegszucht.
Wie herrlich der schlanke Wuchs der Tannel Herr:
lich2 ja, manchmal fast schreckenerregendl Andere
Bäume, die Fels oder Höhe zieren, fügen sich der
Gestaltung und dem Einfluß des Bodens, kleiden ihn
mit nachgiebiger Folgsamkeit, sind zum Theil seine
Untergebenen, seine Schmeichler, zum Theil seine
Tröster; die Tanne aber erhebt sich selbständig
mit frohbeherzter Kampflust. Auch vermag ich nie
lange unter hohen Alpenklippen, weit entfernt Von
Menschenwerk und :Wohnung, ohne Scheu zu weilen
und zu den Tannenmassen hoch oben anfzublicken, wie
sie auf unzugänglichen Vorsprüngen und gefahrvollen
Klippen der gewaltigen Felswand dastehn, ruhige
Bataillone, ein jeder Baum der Schatten des nächsten,
schlank, standhaft, gespensterhaft wie Geisterschaaren der