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Der Klasficismns
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Kunst solgenschwer machte, ist, daß er auch farbig den
klassischen Gedanken zu Ende dachte, die legte Konses
qnenz aus Winckelmanns Lehren zog. ,,Kolorit, Licht
und Schatten machen ein Gemälde nicht so schätz,bar,
wie der edle ConturH hatte der Gelehrte geschrieben
in dieser Farbenblindheit der echte Sohn deines neuen
bürgerlichen Zeitalters, dem die Anschauung edler Farbe
noch keinen ästhetischen Genus; bedeutete. Dieser Linien;
stil wurde die Grundlage von Earstens7 Kunst. Wähi
rend über den Werken Grasfs, denen des Miincheners
Edlinger, des Dresdeners Vogel, auch denen des
Mengs und der Kaufmann noch ein Nachglanz der alten
vornehmen Vergangenheit leuchtet, beginnt mit Carstens
die neue bürgerliche Kunst des.ausschließlich litterarisch
e1npfindenden Deutschland ganz weiß, als Papierstil. Die
dänische Note ist jene ,Jmpotenz, die auch die Menschen
Jaeobsens alle haben: daß er vor lauter Träumen nicht
zum Handeln, vor lauter Schauen nicht zum Arbeiten,
Vor verschwo1nmener Bcgeisternng nicht zum Lernen
kommt.
Das ist der große Unterschied zwischen dem fran:
zösischen und dem deutschen Klassicismus. In Franks
reich wurde noch ein Stück Sinnlichkeit, ein Stück alte
Kultur inidas 19. Jahrhundert heriibergerettet. David,
so sehr er seine Vorgänger bekämpfte, verzichtete als
Techniker nicht aus das Erbteil des Rokoko. Prudhon
steht als Maler den feinsten alten Meistern zur Seite.
Der deutsche Klassicismus, aller Sinnlichkeit entkleidet
und reines Gehirnprodukt, brach mit der Vergangenheit
so vollständig, daß er sich nicht einmal deren technische
Ueberlieserungen aneignete. Umrisse, Federzeichnungen