Volltext: Geschichte der Malerei (3)

Tintoretto. 
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war ein Thema für Tintoretto. Kopfüber stürzt der Heilige 
herab, um in mächtiger Bewegung den Arm des Henkers zu 
packen. Magischer Lichtglanz strömt von ihm aus, wirft 
seine Strahlen auf Einzelnes, läßt anderes in tiefem Schatten. 
Auch eine symbolische Deutung liegt nahe. Die Päpste selbst 
in ihrem freigeistigen Heidentum waren die Henker der Kirche. 
Die Markusrepublik greift ein, die Kirche zu retten. 
Dann die Fresken in der Kirche der Madonna del17Orto: 
die Anbetung des goldenen Kalbes und das jüngste Gericht. 
Also ebenfalls der Geist der Gegenreformation, der nach einer 
Zeit der Abgötterei auf die Schrecken des jüngsten Tages 
hinweist. In wilder Bewegung, als sei schon zu lange ges 
säumt worden, stürzen die Engel auf Moses zu, ihm die 
Geietzestafeln zu reichen. Alle tektonischen Gesetze sind aufs 
gehoben. Da Wolken und gähnende Leere, dort wild zu: 
sammengebalIte Massen. Beim Tag des Weltgerichts ist die 
ganze Natur in Aufruhr. Das Meer tritt aus den Ufern 
und braust als totbringende Flut dahin. Wenige nur von 
den Auferstandenen, die zum Himmel streben, finden Gnade. 
Engel schleudern He in die Tiefe zurück. Denn die ganze 
Welt hatte den Götzen des Heidentums geopfert, das An: 
recht auf Erlösung verloren. 
Die 56 Bilder der Scuola di Sau Rocco zeigen die 
ganze Größe und Kühnheit des dämonischen Künstlers. Hatte 
die Renaissance die Darstellung physischen Leidens vermieden, 
selbst über Märtyrerbilder lächelnde Ganymedstimmung ge: 
breitet, so hat das Bild Tintorettos, wie der heilige Rochus 
Kranke heilt, schon jenen grausigen Naturalis1nus, den die 
Spanier später in solchen Darstellungen zeigen. Die Ver: 
kündigung, die auf dem Bild Veroneses von Maria wie eine 
gleichgültige Stadtneuigkeit entgegengenon1men wird, giebt er
	        
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