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Venedigs und
Kampf
Spaniens
Rom.
gegen
Es sei eine Blasphemie, den himmlischen Vater als Jupiter,
die Heiligen als antike Herden darznstelIen, die Madonna
zur Liebesgöttin, die christlichen Märtyrerinnen zu Hetären zu
machen.
Daß dieses Schreiben aus Venedig kam, ist bezeichnend.
Das alte, starre, byzantinische Venedig schickt sich an, be;
stimmend in den Entwicklungsgang der italienischen Kunst
einzugreifen, auf die Renaissance des Altertums wieder die
Renaissance des Mittelalters folgen zu lassen.
Noch immer war die Zeit nicht reif. Wie im 15. Jahr:
hundert erst Ghirlandajo austreten mußte, bevor Savonarola
erschien, mußte das 16. Jahrhundert bis an die änßerste
Grenze in der Verweltlichung des Kirchli8hen gehen, bevor
die Reaktion einsetzen konnte. Und der Ghirlandajo des
16. Jahrhunderts kam. Ein Fremder, aus Verona nach der
Lagunenstadt gekommen, Paolo Cagliari, wurde der
Festmaler Venedigs. Der weltliche Geist des Einquecento
feierte in seiner glitzernden Kunst den letzten höchsten Triumph.
Ein alter Schriftsteller beschreibt ein. Fest, das der
venetianiskhe Senat Heinrich 111. gab. 200 der schönsten
Gentildonne, ganz in weiß gekleidet, mit Perlen und Ding
manten bedeckt, empfingen ihn, so daß der König meinte, in
ein Reich von Göttinnen und Feen zu treten. Paolos
Malereien im Dogenpalast sind von ähnlich feenhaster Pracht.
Da entfaltet sich die ganze Herrlichkeit Venedigs. Abgesandte
des Volkes begrüßen den Dogen, schöne Frauen lächeln von
Marmorbalustraden hernieder. Kavaliere auf prächtigen Rossen
sprengen daher. Auch AlIegorien, die Treue, das Glück, die
Milde, die Mäßigung, die Wachsamkeit, die Vergeltung soll
man sehen. So steht es im Bädeker, aber aus den Bildern
sieht man es nicht. Denn Veronese malt nur schöne Frauen