wie gebannt vom Allerheiligsten, stehen sie da, so wie wir
stehen, wenn wir traumverloren in die goldene Nacht des
Markusdomes blicken, uns hypnotisieren lassen durch den Blick
der byzantinischen Heiligen, die hieratisch feierlich aus musis
vischem Goldglanz herniederstarren. Oder wie wir blicken,
wenn wir am Lido sitzen und über den träumerischen Spiegel
der Lagunen schauen. Denn Byzantinismus und Lagunen, es
ist im Grunde das Gleiche: ein ernstes, den menschlichen
Geist mit Betäubung schlagendes Nirwana. Dieses Betäubt:
sein von: Geistlichen ist wohl die eigentliche Stimmung
belIinesker Bilder.
Nie malt er Handlungen, nur Gefühle, nie die Bewegung,
nur die Ruhe. Und diese Gefühle sogar sind so dumpf, so
wenig in die Sphäre des Bewußtseins getreten, als seien
seine Menschen durch Opium betäubt. Nie haben seine
Heiligen die schmachtende Verzückung, den sentimentalen
Augenaufschlag Peruginos, nie seine Mudonnen jenes über:
irdische Sehnen, jene fchwärn1erische Hingabe, mit der sie bei
den Umbrern sich zum Kinde beugen. Mit einer Gelassenheit,
die an Gleichgültigkeit streift, hält Maria den Knaben im
Arm: die Gottesträgerin, wie die Byzantiner sie malten.
Oder die Frau aus dem Volke, die mit ihrem Kind an der
Kirchthür sitzt, bediirfnislos, träumend, betäubt durch den
Glanz der Sonne und die Schwüle des Mittags. Während
Peruginos Mudonnen Hirtinnen sind, Schwestern der Ja:
hanna von Orleans, liegt über denen Bellinis die weiche
Schläfrigkeit und gleichgiiltige Jndolenz, das melancholisch
müde Wesen orientalischen Geistes. Dort der innerliche,
schwärcnerische Blick der Seherin, hier der unbestimmte, matte
Glanz des Auges, das traumversunken über die Lagunen schaut.
Die Landschaft steigert noch die träumerische Ruhe der