Wetterleuchten.
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politische Ereignisse zu schildern. Namentlich das Bild des
März spinnende Frauen in einer Landschaft ist als
erstes Arbeiterbild der Kunstgeschichte wichtig. Von de1ns
selben Francesco Eos s a stammt der ,,Herbsttt der Berg
liner Galerie, der den Namen des Meisters zu einem der
bekanntesten des Quattrocento machte: jene Bäuerin in auf:
geschürztem Kleid, die mit Spaten und Hacke, einen Zweig
reifer Trauben über der Schulter, ein stolzes Bild der Arbeit,
einsam wie eine mächtige Statue aus dem Felde steht, den
Blick nach dem Heimatdorfe wendend. Der ,,Erdgerucht des
Piero della Francesca scheint aus dem Werk zu strömen.
Nur ist nicht zu vergessen, daß noch viel engere Beziehungen
zum Mittelalter vorliegen. Während die Florentiner weltlich
erzählen, greifen die Ferraresen auf die mittelalterliche Alle:
gorie zurück. Denn der Herbst ist eines jener ,,Monatsbildertt,
wie sie in den n1ittelalterlichen Kalendern vorkommen. Die
Schifanojafresken behandeln das mittelalterliche Thema, daß
der Sternenlauf das Geschick der Menschen bestimme.
Außer diesen Allegorien kommen lediglich Werke vor,
die mit asketischem Ernst und fast grimassierendem Pathos
das Thema der Beklagung Christi oder der thronenden
Himmelskönigin behandeln. Magere, alte, häßliche Gestalten,
knochige Greise und vergrämte Matronen beherrschen fast
ausschließlich das Repertoire der serrareAschen Kunst. Keine
andere italienische Schule steht dem Naturalismus Rogers
so nahe, keine andere hat sich dermassen an grausam schroffen
Linien, an schwieligen Händen und abgezehrten, wie von
Fieber durchschüttelten Körpern gefreut. Gerade dieser Eins
seitigkeit danken die Werke ihre machti und charaktervolle
Größe. Selbst die Farbe, dieses schroffe Nebeneinander von
M u t h e r, Geschichte ver Malerei.