Nun. 57s
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sich in Siideuropa durch diese
ganze Periode. Sie zeigte sich am
stärksten in der Kleinkunst kirchlichen
Mobiliars Csog. KosmatenarbeitenJ,
wo das kunstreiche Gedrechsel,
Stickereimuster, Mosaikeinlagen in
Stein einen ganz besonderen Kunst:
zweig hervorbrachten. Ganz und
gar auffällig aber zeigte sich die
1ualerische Neigung, die aus der
Spatantike herübergekominen war,
in der komplizierteren Raumbildung,
die neben der gewöhnlichen Basilika
an Kirchenschöpfungen da und dort
zu Tage trat. Es genügt, auf die
Kuppel: und Halbkuppelkonstruktio:
neu der Sophienkirche in Konstanti:
nopel zu erinnern, wo Architektur
und Dekoration im Verein einen
Binnenraum geschaffen haben, der
bis heute wohl der schönste der
Welt genannt werden mag.
57. Aral1iskhe Kunst. Was aus
diesen malerischen Anregungen
werden konnte, zeigt aufs deutlichste
die über der verschütteten byzan:
tinischen Welt sich erhebende und.
in großen Denkmälermassen vomE
Orient bis nach Spanien reichende7
sog. arabische Kunst, die fast keinens
Gedanken hat, der nicht aus der
antiken und byzantinischen Kunst
entlehnt wäre, aber durch den Ge:
schmack der dekorativen Kombination
uns heute noch die Sinne blendet.
Ja Jtalien finden sich die Beispiele
verwandter, räumlich und dekorativ
malerisch gestimmter Kunst vom fünf:
ten bis siebenten Jahrhundert in Rai
venna, im zwölften in Sizilien, vom
elften bis dreizehnten in Venedig.
58. Der mystische Zug altchrist:
licher Kunst. Trotz der Verbindungs:
fäden, die nach der Antike zurück:
laufen, ist überall diesen Werken ein
ganz Neues eigen, das zwar als Ge:
fühl bereits in der alten Welt sich
verbreitet hatte, aber erst in dieser
Periode einen künstlerischen Aus:
druck fand; ich meine den mysti:
schen Zug. Heil, klar und fonnig,
öffentlich war der antike Bau; Jetzt
erst entstanden aber Jnnenräume,
die, sich nicht minder an das sinn:
liche Auge wendend, es nicht nur
befriedigten und sättigten, sondern
es vielmehr blendeten, durch inten:
five Pracht und Kerzenlicht be:
rauschten, daß die Seele in ein be:
wußtloses Staunen geriet. Hieraus
entstanden dann Schwingungen
des Gefühls, die von dem klaren
Himmelblau und der freien Luft
der Antike weit ablagen.
59. Stagnation des Siidens.
Nach dieser künstlerischen Leistung
aber blieb der Süden stehen, und
man konnte im zwölften Jahr:
hundert kaum mehr und kaum
Besseres als im vierten; es
wiederholen sich die nämlichen Züge
und Formen. Anders der Norden
Europas, wo anfangs die gleichen
Erscheinungen vorwalteten, gegen
Ende dieser Periode aber allerhand
sNeuem PlaH machten, das für eine
Weile diesen ehemaligen Barbaren:
.ländern die Führung in der Kunst
in die Hand gab. Karl der Große
wußte für seine Kunst noch keine
besseren Ziele, als das, was er in
Italien gesehen hatte, zu kopieren;
sseine Residenzen in Aachen und
wohl auch anderwärts Cwo wenig
oder nichts erhalten geblieben istI
wiederholen raoennatische und rö:
mische Thpen. Jm Kirchenbau
ziehen zwei Formen nebeneinander
her, die längsgerichtete Bafilika und
der zentralgerichtete Rundbau, in
den Bahnen der Ueberlieferung sich
haltend. Mit der Zeit aber fand
man eigentümliche Wege.
60. Nordifche Neuerungen. Es
sei zunächst nur eines erwähnt, der
Turmbau. Jm Süden blieb dieser
Teil des Kirchengebäudes, der die
Glocken trug, für sich und stand
irgendwo außerhalb neben der Kirche.
Im Norden begann man, den hoch: