geschlossene, gerundete Einheit, die ursprüngliche Masse des Roh-
materials, der Baumstumpf z. B., spricht immer noch mit in der dumpfen,
schwerblütigen, oft unsagbar lschwermütigen dunkel-orphischen Formen-
sprache dieser Werke.
Die primitive Plastik ist also in summa eine Symbiose von pla-
stischen, malerischen, architektonischen, pantomimi-
schen Tendenzen. Ein viel reicheres Bündel von Lebensantrieben als
das europäische Produkt der reinen Prinzipientreue. Es erfüllt solche Viel-
fältigkeit der Strebungen nur zu gut die Forderung, die sinngemäß aus der
ganzen Atmosphäre der primitiven Lebenshaltung sich für das ästhetische
Gebiet im besonderen ergibt. Auch hier kann nicht die Abstraktion der
reinen Funktionen herrschen, sondern die lebendige Regsamkeit, die intuitiv
erlebt wird mit der ganzen Komplexität vielfältigster Beziehungen aller Art.
Der Körper und die Gesichtsmaske werden als blockhafte Form empfun-
den und gestaltet. Und nachzufühlen ist nur auf diese Art des äußerlich-
inneren Identitätsbewußtseins der Zusammenhang der Glieder. Freilich
nicht so, als seien die Einzelteile bloß miteinander verbunden durch Kleb-
stotf, Nagelung oder dergleichen, sondern so: daß doch das unmittelbare
Empfinden für die Ganzheit des Blocks zugleich die Einzelteile blockhaft aus
sich gebiert und in sich behält. Diese körperliche "Starrheit" entspringt
nicht der Selbstverständlichkeit unseres, wohl aber der des primitiven Da-
seinsbewußtseins. Für uns hat Adolf Hildebrand das ästhetische, wenn auch
wohl nicht das instinktiv-leibliche Verständnis des Sachverhaltes erschlossen:
denn die afrikanischen Bildner halten die Einheit des Kunstraums inne; kein
Glied hebt sich (außer in einigen wenigen Fällen) über dessen Bannkreis
empor oder heraus. Nicht bloß die Masken legen dafür das eindringlichste
Zeugnis ab, bis in das Kunstgewerbe hinein erstreckt sich dieser Kunst-
wille, der aus der ungetrübten Einheitlichkeit des Lebensinstinktes entspringt
und sich solchergestalt architektonisch äußert. Erst recht durchdringt sein
Gebot die Werke der Plastik und prägt ihrer rein plastischen Gegebenheit
jene selbstsichere Gesetzmäßigkeit auf, deren unzerreißbarer und unveränder-
licher Zusammenhang das ästhetische Fundament ihrer Wirkung ist.
Die Einzelgestalt zieht sinngemäß die Senkrechte, die sie beherrscht,
mitten durch den Körper hindurch: von der scharf hervorgehobenen Nase
durch den langen, vollen Hals über die Brust zum Nabel hin und zu den Ge-
schlechtsorganen. Arme und Beine unterstützen die Absicht dieses Kunst-
willens: die Arme meist eng an den Leib gehalten oder dicht in ihn hinein-
gepreßt, einfach rechtwinklig gebogen und auch dann die Gradlinigkeit
möglichst betonend, wenn sie (wie bei den Fetischen der Loangoküste) einen
Arm erheben, die Beine in einfach gradlinigem Stehen auf sehr breiten,