Die Baukunst vom Ende des 12. bis zur Mitte des 1'3.
Jahrhunderts.
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aus ihrer parallelen Stellung zum Kreuzgangflügel gelöst und senkrecht
zu ihm ins Freie ausgebaut (so in Maulbronn). In größeren Klöstern lag
die Abtswohnung gesondert außerhalb der Klausur (in Maulbronn im
Osten, in Hirsau im Süden). Ferner gab es hier noch ein paar Kapellen,
regelmäßig eine hinten am Krankenhaus und eine andere vorn am Tor-
haus (für Pilger und Frauen, da diese tiefer ins Kloster nicht eindringen
durften). Das Hinterquartier ist in den uns erhaltenen Anlagen so reich
wie auf dem St. Galler Idealplan wohl nie ausgestattet; das Schulhaus
z. B. wird anderweitig untergebracht, das Wirtschaftsquartier dagegen
weitläufiger angelegt und in unregelmäßiger Streulage der einzelnen
Baulichkeiten. Eine Ringmauer mit" Graben, befestigtem Torbau und
starken Ecktürmen vervollständigt die Ähnlichkeit des Klosters mit
einer kleinen Stadt.
Suchen wir unter erhaltenen Denkmälern nach typischen Beispielen,
so möchten wir Groß-Komburg bei Schwäbisch-Hall und Maulbronn als
Gegensätze einander gegenüberstellen. Kombur g war ein Bene-
diktinerkloster. Diese liebten freie und sonnige Lage, wenn die Gelegen-
heit des Ortes es gab, auf einer Höhe mit steilem Abhang. S0 hat die
Gruppe der Komburger Bauten, wenn man sich vom F lusse her nähert,
ganz die Umrisse einer Burg. Man betritt den Klosterbezirk durch
eine überaus stattliche Vorburg, flankiert von zwei Türmen, zwischen
denen, über der Durchfahrt, eine Michaelskapelle liegt. Dann folgt ein
zweites und drittes Tor und ein Treppenaufgang zur oberen Terrasse,
eine sechseckige Kapelle. (Man vergleiche dagegen die noch nicht wehr-
hatt behandelte karolingische Torhalle in Lorsch.) Kirche und Klausur
sind barock umgebaut. Andere Beispiele von Bergklöstern: Arnstein
a. d. Lahn (Abb. 194), die Petersberge bei Fulda, Erfurt und Halle, Quedlin-
burg, in barockem Umbau Banz am Main und Neresheim im schwäbi-
schen Jura; die Donauklöster oberhalb Wien. Maulbronn ist da-
gegen eine zisterziensische Musteranlage, schon durch die welt-
abgeschiedene Örtlichkeit: inmitten eines großen Waldgeländes eine
flache Talniederung mit einer Reihe von Teichen, die zu ihrer Entsumpfung
und Urbarmachung angelegt waren. Heute hat die Eisenbahn den Weg
auch hierhin gefunden und führt zahlreiche Besucher an den ebenso
lehrreichen wie stimmungsvollen Punkt; im Mittelalter war er nur auf
langen, einsamen Waldwegen zu erreichen. Andere Beispiele: sehr gut
erhalten Eberbach im Rheingau und Loccum in Niedersachsen, Bronn-
bach an der Tauber, Bebenhausen bei Tübingen. Als Musterbeispiel
geben wir anstatt des oft abgebildeten Grundrisses von Maulbronn
den von Eberbach (Abb. 213).
Das Verharren der Klosteranlage bei der in der Karolingerzeit im-
portierten Grundform bedeutete nun zugleich, daß hier, unberührt von
der fortschreitend nordischen und deutschen Umprägung des allgemeinen