266 Drittes Buch erstes Kapitel.
und bei der Weihe 1237 noch nicht in allen Teilen "fertig. Die Grundmauern
waren unverändert die der ersten Anlage geblieben. Daher die Verdoppe-
lung des Chors und die Stellung des Querschiffs im Westen. Jedem Chor
sind zwei Türme zugesellt. Das Fehlen der Vierungstünne unterscheidet
den Bamberger Dom von den rheinischen. Daß für ein so großes Unter-
nehmen einheimische Kräfte nicht ausreichten, stand von Anfang an fest.
Das Quellgebiet der hier zusammenströmenden Formen war ausgedehnt,
es muß aber lange Zeit ein einziger Meister an der Spitze gestanden haben,
sonst wäre es nicht gelungen, die verschiedenartigen Elemente zu einer
den jüngsten Bestandteil, den Westbau, ausgenommen so einheitlichen
Wirkung zusammenzuschmelzen. Er war kein Neuerer, aber auch kein
Epigone. In der geläuterten Zusammenfassung, die er gab, zeigt der
spätromanische Stil sich in voller Kraft. Was dem gotischen Gedanken-
kreis entnommen ist, stammt aus zweiter Hand, teils aus dem rheinischen
Übergangsstil, teils von den Zisterziensern, und bleibt auf den inneren
Aufbau beschränkt. Zu der überaus prächtigen Erscheinung des Außen-
baus, die rein romanisch ist, haben sowohl der Mittelrhein als der mit
oberitalienischen und normannischen Elementen vermischte Dekorations-
stil der Schottenkirche in Regensburg Beiträge gelieferti Das innere
System ist das gebundene, jedoch mit geringerer Differenzierung der
Stützen und mit schlankerem Aufbau, als das 12. Jahrhundert es gewohnt
gewesen war. Arkaden und Gewölbe sind in einem ziemlich steilen Spitz-
bogenlgeführt, die Gewölbescheitel horizontal gelagert; man wird dies
beides zisterziensisch zu nennen haben. Andrerseits liegt in der ruhigen
Massen- und Flächenwirkung des Aufbaus, der geringenlVerselbständi-
gung der struktiven Glieder ein ungeschwächt romanisches Grundgefühl.
In der Außenansicht ist auf die dem Aufgang von der Unterstadt zuge-
kehrte Ostseite der Nachdruck gelegt; sie gehört in ihrer von einem
würdevollen "Rhythmus der großen Linien getragenen Pracht zum Besten,
was der romanische Stil, seinem Ende nahe, hervorgebracht hat. Einen
plötzlichen Sprung machte die Bamberger Architektur in dem jüngsten
Bauteil des Domes, dem westlichen Turmpaar. Daß sich die Zeit der Er-
bauungnicht genau ermitteln läßt, ist ein bedauerlicher Defekt in unserem
Wissen. Denn es handelt sich hier, um die Ankunft einer Baugesellschaft
mit niordfranzösisch geschulten Kräften, die von Frühgotik mehr und
besseres mitzuteilen wußten, als was man bisher von den Zisterziensern
erfahren hatte. Sorgfältige Erwägung aller Vergleichspunkte führt mit
ziemlicher Wahrscheinlichkeit auf das auch an andern Orten entschei-
dungsvolle Jahrzehnt 1240-1250. Bestimmt aber läßt sich das Vorbild
dieser Türme nennen: es war die Kathedrale von Laon. Doch ist es
nicht genau nachgeschrieben, sondern mit einer Modifikation in der
Stockwerkteilung, die die Bamberger Türme dem romanischen Stil-
charakter wieder einigermaßen angleicht. Anscheinend war eine Zeitlang