des
Die Malerei
zehnten
Jahre 1061 dargestellt sei, wie einige Erklärer gemeint haben, ist mehr
wie unwahrscheinlich; es kann sich nur um eine Legende handeln. Einige-
Bewegungen sind bei aller anatomischen Ungeheuerlichkeit von über-
zeugender Frische. Umsonst suchen wir nach etwas Ähnlichem. Daß
es in den Denkmälern nicht vorkommt, beweist natürlich nichts. Wir
werden vielmehr überzeugt sein dürfen, daß auch an andern Orten es
Künstler gegeben hat, deren leidenschaftliches Empfinden die Zäune der
Überlieferung durchbrach. Als Beispiel aus dem Gebiete der Kleinkunst
möge auf die beiden iniPaderborn aufbewahrten Tragaltärchen von der
Hand des geschätzten Roger von Helmershausen (um das Jahr 1100)
hingewiesen sein. Es sind figurenreiche Legendenszenen in Gravierung
auf Kupferplatten (Abb. 353). Die auf ausgestochenen dunkeln Grund
gesetzte Komposition ist sehr geschickt so angelegt, daß ganz nach dem
Prinzip der zuletzt beobachteten Wandgemälde vom Grunde nur viele
kleine, einander im Gleichgewicht haltende Flecken übrigbleiben. Die
Einzelmotive sind von einer wilden Lebendigkeit und doch ohne jedes
wahre organische Lebensgefühl, als würden Gliederpuppen mit losen
Gelenken heftig durcheinandergeschüttelt. Die lineare Bewegung ist
Selbstzweck.
Im übrigen Schwaben und im größten Teil von Altbaiern ist von
Wandgernälden aus den uns angehenden Jahrhunderten nichts
anzutreffen, wie es bei der spärlichen Erhaltung frühromanischer
Architekturdenkmäler in diesen Gegenden auch nicht anders zu erwarten
ist. Nur aus der fruchtbaren Regensburger Schule ist mehr und größeres
übriggeblieben. Die Schloßkapelle in Donaustauf (S. 100) enthält in
den Wandnischen die Reste eines in halblebensgroßen Figuren gegebenen
Katalogs der Regensburger Bischöfe, in Gruppen zu je vier und in jeder
derselben wieder zwei und zwei im Gespräch miteinander. Einen umfang-
reichen, aber sehr zerstörten Zyklus bewahrt die Friedhofskapelle in
Perschen, einen andern, um einiges besser erhaltenen die Allerheiligen-
kapelle beim Dom von Regensburg. Der reich gegliederte kleine Zentral-
bau ist vollständig ausgemalt, wohl sogleich nach Fertigstellung derArchi-
tektur (um 1160), gegenständlich in engem Anschluß an die der Apo-
kalypse entlehnten Lektionen an der Vigilie des Allerheiligenfestes. Noch
bedeutender sind die zwischen 1150 und 1160 entstandenen Chorgemälde
in der Klosterkirche Prüfening (Abb. 363-365). Die gewissenhafte
Restauration hat den Stilcharakter so wenig, als in solchen Fällen über-
haupt möglich ist, verfälscht und gibt uns den Gesamteindruck so voll-
ständig (nur die Apsis fehlt), wie nicht oft. Die Komposition man
sagt noch besser: Konstruktion dieses Zyklus näher zu betrachten,
wird sich lohnen. Im Deckenbilde nimmt die Einteilung auf die archi-
tektonische Grundform (ein grätiges Kreuzgewölbe) keine Rücksicht;
sie geht so vor, als gäbe es keine gebrochenen Flächen, als handelte es
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