Seidenfpinnerei
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'mafchine (peigneuse, dressing machine), vgl. Kammgarnfpinnerei und Der ge-
wonnene erfte Zug ift der längfte (im Mittel 150 mm Faferlänge). Der ausgefchiedene Kämm-
ling wird wieder auf Kämmalchinen gekämmt, wodurch man einen zweiten Zug erhält
(Fafern etwa 100 mm lang). Durch Wiederholung des Vorganges entlteht ein dritter und vierter
Zug mit Fafern von etwa 70 und 50 mm Länge, und endlich als Stumpen- oder Seiden-
werg (Bourrette, Stumba, noils) der letzte Abfall. Für folche Gefpinite, die den höchlten
Grad von Gleichförmigkeit erhalten follen, wird mit den Zügen eine weitere Sichtung auf be-
fonderen Mafchinen vorgenommen (Seidenfortiermafchinen), die zwei bis vier Bänder
von nahezu gleicher Faferlänge liefern.
In der Vorbereitung (Präparation), die alle weiteren Arbeiten bis einfchließlich
Vorfpinnen umfaßt, ill die Reihenfolge der Mafchinen im wefentlichen diefelbe wie bei der
Flachsfpinnerei (f. Auf der erllen Mafchine der Vorbereitung, derAnlege (spreader),
findet ein Milchen der gleichen Züge der verfchiedenen Sorten ftatt, während jede Sorte für
{ich gefäult, gewafchen und gekämmt wurde. Gewöhnlich iind drei Mafchinenfätze zur Ver-
arbeitung der langen, mittellangen und kurzen Fafern (long, intermediate, short) in Anwendung.
Die in der Kämmerei hergeftellten, 30240 cm langen Vliefe (Bleche) werden der Anlege
vorgelegt und daraus Walten von 6ä7,5 m Länge und 20 cm Breite gebildet. Auf die An-
lege folgt die Wattenmafchine (etireuse, set-frame). welche die Watten weiter verzieht und
in fchmale Bänder verwandelt. Die Wattenmafchine ift eine Nadelftabllrecke (Gillftreck e)
mit einem Trichter hinter den Streckwalzen zur Baridverdichtung und einem Abzugswalzen-
paare. Die Bänder werden dann durch wiederholtes (drei- bis viermaliges) Doppeln und
Strecken auf Nadelftab- oder Igelftrecken (Heriffonftrecke) mit immer feiner
werdenden Nadeln auf die nötige Gleichmäßigkeit gebracht, um endlich auf den Spindel-
bänken in Vorgarn verwandelt zu werden. Die Strecken für langfaferige Sorten belitzen ein
einfaches Hechelfeld, die für kurzfaferige erhalten Doppelhechelfeld oder Nadelwalze.
Das Vorfpinnen erfolgt auf Spindelbänken (Flyern), die den in der Flachsfpinnerei
üblichen gleichen. Die Bänder werden auf ihnen weiter (7e14fach) verzogen und erhalten
fchwache Drehung. Der Draht wird nach einer Gleichung von der Form aVNbefiimmt. Ift N
die metrifche Nummer, fo wird die Wertziffer u, wenn lich die Drehungen auf lm Länge be-
ziehen, genommen fiir die Güteklaffen A, B, C, D zu l6, 20, 26, 32.
Feinfpinnen. Das Feinfpinnen gefchieht meift auf Waterfpinnmafchinen, fowohl auf
Flügel- als auf Ringfpinnmafchinen (anneaux); nur fehr locker gedrehte Florettgarne fpinnt
man auch auf Mulemafchinen. Der Verzug wird zu 30-315 genommen; die Drahtwertziffer für
die angeführten Güteklaffen zu 55, 60, 75, 85. Spinnpläne finden {ich in
Zwirnen der Florettgarne. Weitaus der größte Teil der Florettgarne wird ge-
zwirnt, wobei beffere Garne vor dem Zwirnen meift gedoppelt, dupliert werden. Das Zwirnen
gefchieht fowohl auf Flügel- als auch auf Ringfpindeln.
Putzen der Zwirne. Die Knötchen und Noppen werden entweder in gehafpelten
Strähnen mit der Hand (Noppen) oder auf Putzmafchinen durch Reiben des Fadens entfernt
(Racleufe) Die feinen, aus dem Fadenkörper hervorragenden Faferenden werden fchließ-
lich von Gasflammen abgefengt (Gafiermafchinen Manche Seidengarne erhalten
noch eine Zurichtung durch ranken mit Gummiwaffer, Stärke ufw., wodurch iie an Glanz
und Glätte dem Faden aus gehafpelter Seide ähnlicher werden.
Hafpeln und Numerieren. Der Hafpel hat einen Umfang von 1,25 m. 400 Faden
liefern einen Schneller (Strähn, echeveau) von 500 m Länge; 1 Schneller : 4 Gebind (echevette).
Die Nummer gibt an, wieviel Schneller auf 0,5 kg oder wieviel Kilometer Faden auf 1 kg
gehen. England haipelt die Florettfeide wie die Baumwolle.
Die Floreltfeidengefpinlte (Seidengarn, gefponnene Seide, soie filee, spun silk,
silk yarn) kommen unter mancherlei Benennungen in den Handel als: Crescentin , Schappe,
Chappe (chape), Galettam, Gallet, Fiorettino, Sambatella, Fantaifieufw., und
zwar je nach dem Zuge, aus dem iie erzeugt worden lind, in verfchiedenen Güteforten. Die
belferen Sorten werden als Einfchlag bei verfchiedenen Seidenttoifen, als Kette bei mancherlei
Halbfeidenzeugen, zu Hutvelpel, groben Bändern und Schnüren und als Stickfeide, die ge-
ringeren zum Stricken und zur Strumpfwirkerei gebraucht. Selbft die fchönften erreichen an
Feinheit, Glätte, Glanz und Feftigkeit nicht die gute, gehafpelte und filierte Seide.
2. Die Bourrettelplnnerei Die Bourrettegarne lind rauh, mit mehr oder weniger Filz-
oder Knötchenfafern (Bourrette) durchfetzt, was auch bei minderwertigen Schappegarnen vor-
kommt. Die Bourrettefpinnerei verarbeitet die letzten Kämmlinge unter 2 cm Faferlänge, den
Krempelausputz und fonftige Abgänge der Schappe- und Violettgarnfpinnerei nach dem Streich-
garnfpinnverfahren (f. wobei auch Mifchgarne mit Kunftwolle hergeltellt werden.
Aus Bourrettegarn hergellellte Gewebe werden namentlich als herauszuäfzender Grundltoff bei
der Herftellung der Luft- oder Aetzfpitzen verwendet. Die Abfälle der Bourrettefpinnerei ver-
arbeitet man zu Wärmelchutz- und Füllmitteln, Zöpfen, Watten u. dgl.
Die Eichenfpinnerfeiden (Tuflah, Yamamai) werden ähnlich wie die Maulbeer-
ipinnerfeide zu Greäe, Organfin, Trame ufw., deren Abfälle zu Schappegarnen, durchweg je-
doch zu gröberen efpinlten verarbeitet. Die Tuffah hat in der Fafer einen gelblichen bis
bräunlichen Farbftoff, der nur durch fcharfes Bleichen zerltört werden kann. Darum wird Tuffah
meilt naturfarbig verwendet, z. B. auch zu den fälfchlicherweife mit Roh- oder Baftfeide be-
zeichneten Blufenltoffen. Die Tufiahfeide ift für manche Möbelftoffe und Plüfch unentbehrlich.
Da {ie von allen Faferltoffen die größte elektrifche lfolierfähigkeit belitzt, ift fie für Kabel-
fchnüre bevorzugt. Ferner ilt iie eine gute Wärmefchutziafer bei höchiter Hitzebeftändigkeit.
Die afrikanifche Netzfpinnerfeide (Anaphe) wird nurzu Schappegarnen nach dem abge-
kürzten Spinngang verarbeitet.