282
Oberbau der Eifenbahnen
nicht am Steg, berühren dürfen und durch Schrauben (Lafchenbolzen) keilförmig eingefpannt
werden (f. unten Fig. 32-34).
Die Eilenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 4. Nov. 1904 gibt Vorfchriften über die
Tragfähigkeit der Schienen deutlcher Hauptbahnen. In 5 16 ilt vorgefchrieben, daß Gleife be-
ftehender Bahnen, die mit Lokomotiven befahren werden, Fahrzeuge mit 7,5 t Raddruck (im
Stillftand gemeffen) mit Sicherheit müffen aufnehmen können. Bei Neubauten oder bei Erneuerung
des Oberbaues muß die Tragfähigkeit mindeitens 8t und auf befonders ftark beanfpruchten
Strecken mindeltens 9t betragen; die Reichsbahn hat jedoch 3 Schienenformen für 8t, 10t
und l2t Raddruck aufgeftellt. Der Verein deutfcher Eifenbahnverwaltungen fchreibt in 5 5
der T.V. vor: Der Schienenkopf foll mindeltens 57 mm breit, die Fahrfläche eben oder oben
mit einem Halbmeffer von mindeftens 200 mm gewölbt fein. Größere Kopfbreiten werden emp-
iohlen. Bei Neubefchaffungen muß die Fahrkante mit 14 mm HalbmelTer abgerundet fein. Ferner
wird für Breitfußfchienen auf Querfchwellen eine Höhe von mindeftens 125 mm und eine Fuß-
breite von mindeltens 100 mm empfohlen; bei Langfchwellenoberbau können diefe Maße ver-
ringert werden. Diefe Mindeftabmelfungen lind bei allen neueren Schienenprofilen überfchritten.
Beifpiele für Breitfußfchienen und Stuhlfchienen zeigen die Fig. 1-8.
Je breiter und dünner der Fuß üt, delto fchwieriger il't die Herftellung der Schienen in
Hinlicht auf Gleichmäßigkeit der Streckung und Abkühlung.
Die Länge der Schienen wird gegenwärtig nur noch durch die Rücklicht auf die durch
Wärmefchwankungen bedingte Längenänderung und etwaige Transportfchwierigkeiten ein-
gefchränkt. Da die Wärmeausdehnung (Dilatation) auf 100" etwa 1:850 der Länge beträgt und
die größte Schwankung in der Erwärmung für Mitteleuropa etwa auf 80" ge-
fchätzt werden kann, fo würde einer Länge von 1m ein Längenunterfchied von 0,94 mm ent-
fprechen, was bei -3O" und 12415 m Schienenlänge eine Wärmelücke von 11914 mm ergibt.
Hierzu kommen noch kleine Spielräume zur Ausgleichung kleiner Fehler in der Länge der
Schienen in der Geraden fowie zur Ausgleichung von kleinen Längenunterfchieden des äußeren
und inneren Schienenlirangs in Krümmungen (f. unten). Bei ftumpfgeftoßenen Schienen geht
man daher über 15 m Länge zur Zeit kaum hinaus. Schienen, die bis zum Kopf mit Bettungs-
material oder Straßenpflaller umgeben lind, erfcheinen vor fo großen Wärmefchwankungen
gelichert; noch mehr ill dies der Fall bei Schienen in Tunnelftrecken. In lolchen Fällen kann
man die Anwendung von 18 m langen Schienen unbedenklich zur Regel machen. Ebenfo ilt
eine größere Schienenlänge (15918 m) zuläflig, wenn die Stoßlücke durch Ueberblattung oder
durch Auflauflafchen gedeckt ilt (f. unten).
Die Lochung der Schienen muß an jedem Ende mit zwei bzw. drei Löchern
fo weit fein, daß die Wärmeausdehnung durch die (als feft zu betrachtenden) Lafchenbolzen
nicht gehindert wird. Die Bolzen müffen daher an beiden Schienenenden bei mittlerer Tem-
peratur (100) in den Löchern zu beiden Seiten je einen Spielraum gleich 11„ der Wärmelücke
haben; hierzu kommen noch 142 mm Spielraum. Die Löcher werden deshalb entweder läng-
lich oder aber rund, mit entfprechend vergrößertem Durchmeffer, gebohrt. Während des Ver-
legens des Gleifes werden Wärmeplättchen, deren Dicke der Wärmeliicke bei der jeweiligen
Luftwärme entfprechen muß, zwifchen die Schienenköpfe gelegt, um ein Preffen der Schienen
in der Längsrichtung bei größter Erwärmung licher zu verhindern.
Für Krümmungen müffen neben den Schienen normaler Länge noch fog.Ausgleichl'chienen
vorhanden fein, die es ermöglichen, die Verkürzung des inneren gegen den äußeren Schienen-
ltrang, ohne zu große Schieflage der Schwellen auszugleichen. Man begnügt {ich in der Regel
mit zwei bis drei Längen (z. B. mit Verkürzungen von 40, 80 und 120 mm bei 12 m langen,
45, 90 und 135 mm bei 15 m langen Schienen), die im inneren Schienenftrang nach Bedarf fort-
laufend oder mit Vollfchienen wechfelnd fo eingelegt werden, daß die beiden gegenüberliegenden
Stöße nie mehr als den halben Unterlchied der einzelnen Ausgleichfchienenforten aus dem rechten
Winkel lind. Kleine Längenunterfchiede, die durch geeignete Verwendung von Ausgleichfchienen
nicht zu befeitigen lind (142 mm), müffen durch Vergrößerung der Stoßlücken be eitigt werden.
Außer den Normalfchienen und den Ausgleichfchienen hat man noch kürzere Schienen, fog.
Paßfchienen (9,0 m, 7,5 m). Diele legt man ein auf Bahnhöfen vor oder in Weichenverbindungen,
um zu kurze Stücke, und auf der freien Strecke, um auf kleineren Brücken oder auf fchienen-
gleichen Wegübergängen Stöße zu vermeiden. Im letzteren Falle können auch einzelne Schienen
von 18 m Länge verwendet werden.
Die Schienen werden im Gleis in der Regel, der Kegelgeltalt der Radreifen entfprechend,
gegen die Senkrechte um ein Zwanzigitel bis zu einem Sechzehntel nach innen geneigt.
ll. Die Unterlagen der Schienen und die Beieitigung der Schienen auf denielben.
Die Unterlagen können fein: Einzelftiitzen von Stein, Gußeiten, Stahlblech (gepreßt);
Querfchwellen von Holz, Flußftahl oder Eifenbeton; Langfchwellen von Flußttahl.
Steinwürfel wurden in der erlten Zeit des Eiienbahnbaues häufig angewendet, jedoch fpäter
wegen der ichwierigen Schienenbeieltigung und Gleisunterhaltung fowie wegen harten Fahrens
ganz aufgegeben. Guß ei fern e Ein zel ftütz en in glockenartigen Formen, oben für Auf-
nahme von Stuhlfchienen eingerichtet und durch Querverbindungstiangen in Spur und Neigung
gehalten, lind unter dem Namen ,Topffchwellen' (potsleepers) von England aus in Argentinien,
Aegypten und andern frottfreien Ländern vielfach verlegt worden. ln Indien lind auch platten-
förmige Einzelftützen mit Rippen, fowohl für Stuhl- als für Breitiußfchienen, fowie aus Blech
gepreßte Glockenftützen für Breitfußfchienen mit Schraubenbefeitigung verwendet worden
S. 319 und Diefe Anordnungen haben jedoch für die Gegenwart und namentlich für Europa
wenig Bedeutung. Eiferne Langfchwellen iind in nennenswertem Umfang nur in
Deut chland verlegt worden; aber auch da werden Iie bei Hauptbahnen nicht mehr verwendet.