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Flußverunrelnigung
vorgängen im Waffer; in Beeinträchtigungen des Watfergebrauchs für Trink-,
Reinigungs- und Induttriezwecke [15] und bei der Landwirtfchaft, fowie in
Nachteilen für die Fifchzucht befonders aber in der großen Gefahr, welche
die Verwendung verunreinigten, Infektionsttoffe enthaltenden Watfers zu Genuß-
und Wafchzwecken für die menfchliche Gefundheit in tich birgt
lnfektionsttoffe können alle aus dem menfchlichen Haushalte herrührenden Abwäüer
fowie die Abwäffer aus Schlachthäutern und auch derjenigen induttriellen Betriebe enthalten,
die mentchliche und tierifche Abfälle verarbeiten. Giftige oder andere den Gebrauch des Watfers
beeinträchtigende und die Fifchzucht fchädigende Stoffe tind vorwiegend in den Abwäftern der
induftriellen Betriebe und der Fabriken enthalten Die Abfallftoffe
tind entweder fette Körper, wie Straßen- und Hauskehricht, oder flüttige, wie die ftädtifchen
Abwätfer (f. Die rein hygienifchen Rückfichten fowie die Forderung nach der un-
beeinträchtigten Nutzbarkeit der Gewätfer würden jede Verunreinigung der Fltitfe mit den oben-
genannten Stoffen unbedingt verbieten, wenn nicht alle verunreinigten Gewäffer innerhalb ge-
wiffer Grenzen einer natürlichen Selbftreini ung in bakteriologifcher und chemifcher Hin-
ficht unterliegen würden äerteilung und Verdünnung der Schmutzftoffe,
Umfetzung organifcher und komplizierter unorganifcher Verbindungen in einfache unorganitche
Verbindungen unter Verbrauch eines Teiles des im Walter befindlichen Sauerftoffs zu Oxydations-
zwecken, der Einfluß des Lichtes und der Temperatur, der Zutritt atmofphärifcher Luft, die
Lebenstätigkeit von Bakterien fowie pflanzlicher und tierifcher Organismen und endlich die
iriechanifche Arbeit des fließenden oder bewegten Waffers tind im allgemeinen die Faktoren,
auf denen die Selbttreinigung der Flüfte und Gewätfer beruht Ver-
möge der Eigenfchaft der Selbtlreinigung der FlütTe läßt [ich bei der Uebergabe von Schmutz-
flotten an letztere eine gemeinfchädliche Verunreinigung der öffentlichen Wafferläufe vermeiden,
wenn eine gewitTe Verunreinigungs renze nicht überfchritlen wird Gefetz-
gebung, Grenzzahlen, Normen, Regeln und ärundfätze hierfür fiehe
gl. 519 und ä 23 des Preußifchen Watfergetetzes vom 7. April 1913
In Preußen ift eine wichtige Minitlerialverfügung unterm 20. Februar 190i ergangen
durch welche als Ziele bei den zur Reinhaltung der Gewäfter zu ergreifenden Maßnahmen
folgende bezeichnet werden:
l. Vermeidung der Verbreitung antieckender Krankheiten oder fonttiger gefundheits-
fchädlicher Folgen, auch im Hinblick auf die fchiffahrttreibende Bevölkerung;
2. Reinhaltung des zum Trinken, zum Haus- und Wirtfchaftsgebrauch, zum Betriebe der
Landwirttchaft oder zum Gewerbebetriebe erforderlichen Wafters;
3. Schutz gegen erhebliche Beläftigungen des Publikums;
4. Schutz des Fifchbettandes.
Als Grundfätze für die Einleitung von Abwäffern in Wafferläufe und ttehende Ge-
witffer werden hierbei angegeben:
1. Die Nutzung der Gewätfer erfordert ihre tunlichtte Reinhaltung und gebietet, Schmutz-
wätTer, wie folche beim Wirtfcliafts- und Gewerbebetriebe, durch Abfltiffe von Abort- und
Jauchegruben, Dungtiätten u. dgl. erzeugt werden, nach Möglichkeit von den Vorflutern fern-
zuhalten oder wenigftens da, wo die Benutzung der Vorfluter zur Ableitung geboten itt, beti-
möglich zu reinigen.
2. Waffer, die trübe, gefärbt, mit Geruch behaftet und von fchlechtem Gefchmack tind,
erregen äfthetifche Bedenken; fie können zugleich wirtfchaftliche Schädigungen verurfachen,
wenn das Watfer unterhalb für gewerbliche Zwecke, zur Bewäfterung, zur Viehzucht oder zu
Fifchereizwecken Verwendung findet. Sie führen auch zu hygienitchen Unzuiräglichkeiten,
wenn Geruchsbeläftigungen auftreten, wenn Unterlieger auf den Vorfluter zur Entnahme von
Trinkwatfer oder Waüer für häusliche oder gewerbliche Zwecke angewiefen tind, und wenn
durch Ueberfchwemmung oder durch Vermittlung des Grundwaffers der Eintritt des Vorflut-
watIers in Brunnen möglich itt. Enthalten die unreinen WatIer Anfteckungskeime, Gifte oder
durch ihre chemifchen Beftandteile nachteilig wirkende Stoffe, fo drohen bettimmte Gefund-
heitsfchädigungen. Von Antleckungskeimen kommen für den Menfchen namentlich die Erreger
des Typhus, der Cholera utw. in Betracht, für Tiere diejenigen des Milzbrandes.
3. Bei der Beurteilung der Zulättigkeit oder Unzulaftigkeit der Einführung von Abwatffern
in die Vorfluter tind an ertier Stelle maßgebend die Menge und Befchaffenheit der AbwätTer
einerfeits und die WatTerführung und Befchaffenheit des Vorfluters anderteits. Allgemein gültige
fette Verhältniszahlen für die Mengen gibt es nicht. Die Entfcheidung muß unter Berück-
fichtigung aller Umttände für den gegebenen Fall getroffen werden.
4. Ferner itt zu beachten, ob der Vorfluter für die Aufnahme des Abwatfers günftige oder
ungünttige Verhältnifte bietet. Günttig tind große WatTermengen, hohe Stromgefchwindigkeit,
kietiges Bett, glatte, fette Ufer und Zufltiffe von Grundwatfer oder andern reinen Waffern.
5. Die Selbtireinigung der Gewätfer tritt um to eher ein, je größer die WatTermatTe_ im
Verhältnis zu den Schmutzwatfern itt, je reiner die VorflutwatIer tind und je rafcher und gleich-
mäßiger tie tich mit dem Abwaffer mifclieri. Deshalb ifi es wefentlich, daß die SchmutzwatTer
nicht am Ufer und bei Watferläufen nicht in tiilles, fondern in tirömendes Wafier eingeleitet
werden. Den biologifchen Vorgängen kann bei der Selbtireinigung für gewöhnlich nur eine
untertlützende, aber keine austchlaggebende Wirkung beigemeffen werden. Durch den Vor-
gang der Selbftreinigung wird die ueiahr der Uebertragung von Krankheitserregern durch ein-
geleiteie AbwatIer zwar vermindert, aber nicht ticher beteiligt.
6. Sind die Voraustetzungen einer ausreichenden Selbftreinigung nicht gegeben, T0_ 111
eine künttliche Reinigung der Abwätfer (durch Bodenberietelung, Klärung utw.) erforderlich.