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Eifenbahrzbetrieb
mäßig fchnelle Abnutzun fogar als Vorteil, da man den Fortfchritten entfprechend ncue Lokomo-
fiven befchafft. In Deutächland ift man von der früher vorherrfchenden einfachen mehr und
mehr zur doppelten und dreifachen Befetzung übergegangen.
Die von einer Eifenbahnverwaltung zu leiftenden Lokomotivdienfte werden auf die Ver-
waltungsftellen für den Lokomotivdienft (Mafchinenämter ufw.) und weiter auf die einzelnen
Lokomotivbahnhöfe verteilt. Der von den Lokomotiven jedes Lokomotivbahnhofs zu leiftende
Dienfi wird durch den Lokomotivturnus nachgewiefen. Der Lokomotivturnus zeigt am betten
in zeichnerifcher Andeutung, in welcher Weife von einer Gruppe von Lokomotiven nebft Per-
fonalen (bei einfacher oder doppelter ufw. Befetzung) eine Anzahl von fahrplanmaßigen Fahrten,
Umttellftunden, Bereitfchaftsllunden zu leiften find. ln der Regel wird man verfchiedenartige
Leifiungen (Schnellzugsdienft, Perfonenzugsdienft ufw.) befonderen Lokomotivgruppen zuweifen.
Der Dienft jeder einzelnen Lokomotive betteht aus Hin- und Rückfahrten auch Rundfahrten
oder Umftellftunden oder beidem, außerdem in der Regel aus Bereitfchaftsdienfl in angeheiztem
Zuftande, von dem die Bereitfchaft der Lokomotive in kaltem Zuftande (ohne Perfonalbefetzung)
zu unterfcheiden ift. Zwifchen den Dienftleiftungen müffen genügende Paufen für Verforgung
und Inttandfetzung der Lokomotive liegen. Lange Aufenthalte und Uebernachtungen auf fremden
Bahnhöfen fucht man möglichit zu vermeiden, ebenfo Leerfahrten. Da die Perfonenzüge in der
Regel in beiden Richtungen einer Bahn in gleicher Zahl verkehren, pflegen bei Perfonenzug-
lokomotiven Leerfahrten im allgemeinen nur für Vorfpann- und Nachfchiebelokomotiven fowie
für Sonderzuglokomotiven ftattzufinden. Bei Güterzuglokomotiven werden indeffen häufiger
Leerfahrten erforderlich.
D. Ausübung des Lokomotivdienftes.
Das Lokomotivperfonal übernimmt die Lokomotive entweder in warmem Zuftande von
einem andern Perfonale oder, nachdem fie fchon angeheizt ift, aus dem Schuppen und hat {ich
zunächft durch eine genaue Unterfuchung von dem technifchen Zuftande, den Waffer- und
Dampfverhältniffen des Keffels und den genügenden Wafier- und Kohlenvorräten, Erfatzteilen
ufw. zu vergewiffern. Auch während des Dienftes hat das Lokomotivperfonal {ich ftändig von
der Dienftfähigkeit der Lokomotive zu überzeugen und {ie zum Schluß in ordnungsmäßigem
Zuftande an ein anderes Perfonal oder die Schuppenverwaltung abzuliefern oder aber nicht
abitellbare Mängel zu melden. Beim Zugdienft tritt das Lokomotivperfonal unter Befehl des
Zugführers. Der Lokomotivführer hat feine Lokomotive rechtzeitig und vorfichtig, d. h. ohne
erheblichen Stoß, vor den zu befördernden Zug zu fetzen und {ich davon zu überzeugen, daß
fie mit dem Zuge ordnungsmäßig gekuppelt wird, daß die Brems-, Heiz- ufw. Leitungen richtig
verbunden und die Zugtignale angebracht werden. Auch hat er auf Aufforderung des Zugtührers
die Bremsprobe vorzunehmen. Er hat dann auf das ihm gegebene Abfahrtszeichen den Zug
vorfichtig und möglichft ohne Stoß in Bewegung zu fetzen. Er muß, um die Signale beobachten
und die Fahrt entfprechend den Neigungen, Krümmungen ufw. regeln zu können fowie an den
Bahnhöfen richtig anzuhalten, die Bahnftrecke genau kennen. Die durchgehende Bremfe hat
er felbft zu bedienen, auf Zügen ohne durchgehende Bremfe rechtzeitig das Bremsfignal
(f. Signalordnung) zu geben. Beim Bremfen muß die durch das Anfahren im Zuge
aufgefpeicherte lebendige Kraft durch den Zugwiderftand und die Bremswirkung wieder ver-
nichtet werden, was um fo fchneller gefchieht, je größer der Prozentfatz der gebremiten Achfen
iIt. Der ßremsweg" wird durch Gefälle verlängert, durch Steigungen verkürzt. In Gefahr-
fällen werden die durchgehenden Bremfen durch befondere Art der Bedienung (Notbremfung,
Gefahrbremfung) fchneller als bei der gewöhnlichen fogenannten ßetriebsbremfung" in Tätig-
keit gefetzt. Außerdem kann in folchen Fällen der Lokomotivführer durch Geben von Gegen-
dampf die Bremswirkung erheblich Iteigern. Bei Einzelfahrten ift der Lokomotivführer auf der
Strecke felbitändig. Bei Fahrten mit zwei Lokomotiven an der Spitze ift der Führer der vorderen
Lokomotive für Beachtung und Geben der Signale in eriter Linie verantwortlich.
X. Wagendienit.
Die Eifenbahnwagen laufen weit über das Gebiet der Heimatbahn hinaus.
Die Perfonenwagen verkehren in der Regel nur in beitimrnten Zugverbindungen,
aber ohne Beichränkung durch Bahn- und Landesgrenzen (Berlin- Rom, Budapeit-
Paris ufw.), die Güterwagen dagegen, foweit es {ich nicht um Wagen für be-
itimmte Zwecke handelt, belitzen eine Freizügigkeit, die nur durch die Grenzen
des zufammenhängenden Bahnnetzes und den Wechfel der Spurweite befchränkt
wird und zum Teil fogar Meeresteile und Seen mittels Fähren überwindet. Um
fo benutzt werden zu können, müffen die Wagen gewiffen technifchen Anfor-
derungen entiprechen. Die Benutzung der Wagen gefchieht auf Grund von
Beitimmungen, die teils für die einzelne Bahn und das einzelne Land gelten, teils
zwitchen den verichiedenen Bahnverwaltungen oder Regierungen vereinbart lind.
Außer den Regeln für die Benutzung und den Wagenübergang kommen hier auch
die Beladung, Reinigung und Entfeuchung, Unterhaltung und Ausbefferung der
Wagen, ferner die Vergütung für die Benutzung fremder Wagen in Betracht.
A. Notwendige Eigenfchaften und Bezeichnungen der Wagen.
ln faft allen Ländern des europäifchen Feitlandes, deren Bahnen volle Spur haben und
für den Wageniibergang in Betracht kommen, dürfen Wagen vom Uebergange nicht zurück-