Auferstehung Christi
Zeichnung im Britischen Museum in London
zu ahnen. Das Wilde, Sinnlose der Verwirrung bei den übrigen Gestalten, die Gottes
Worte nicht hören, ist bis zum äußersten getrieben. Michelangelo vergißt, daß es
zur Komposition eines Gerüstes, zur Stärkung der Wirkung der Kontraste bedarf.
Bei ihm ist alles wilde Leidenschaft, und das Auge, die Seele sucht vergebens nach
einem Ruheplatz, nach einem Ausgangspunkt. Die Akzente der Steigerung fehlen.
S0 kommt es, daß dies Fresko voll innerer Ueberzeugung und gewaltiger Leidenschaft
zurücktreten muß vor der mit klügerer Berechnung aufgebauten Darstellung Raffaels
in den Teppichen. Nicht annähernd von gleicher Kraft, ist das Fünkchen Leidenschaft
so weislich und fein entzündet, daß wir, die wir freilich in der Kunst nur angenehme
Erregung suchen, uns leichter begeistern als bei der abstoßenden Leidenschaftlichkeit
Michelangelos. Ueberall ist es allein absolute innere Wahrheit, die diese späten Werke
in gleicher Weise wie alle andern beherrschend ihnen trotz aller Uebertreibungen den
gleichen Zug der Größe gibt.
Das ist der Bildhauer und der Maler Michelangelo. Als ein gleich leidenschaft-
licher, eigenwilliger Geist, der nur seine innere Stimmung kennt und alle Elemente ihr
dienstbar macht, tritt Michelangelo der Architekt hinzu. Im eigentümlichen Gegensatz
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