auf die Gewinnung räumlicher Tiere, Belebung der stofflichen Teile, plastische Steigerung
der Dekoration und allmähliche Ergründung der Körperform beziehen, im Rahmen der
alten Formbehandlung zur Anwendung gelangen, kooptiert werden und nicht aus dem
alten Formbestand, wie ihn die Torischule verkörpert, abgeleitet werden können. So
bleibt diesen Figuren eine gewisse Ungleichheit innerhalb ihrer Formgebung zu eigen,
die uns zu der Bezeichnung als "Mischstil" Veranlassung gibt. Die Unsicherheit, die in
der Anwendung der neuen Formmotive herrscht, ist aber von der, wie sie Schüler,
arbeiten aufweisen, zu unterscheiden und liegt in den inneren Schwierigkeiten, ein
überwältigendes Vorbild dem eigenen Formbestand anzupassen, begründet.
Tafel 71 bis 73. Es bleibt noch übrig, der Begleitfigur des Amida, die als Gegen,
stück der eingangs besprochenen Figuren aufgestellt ist, den ihr zukommenden Platz
anzuweisen. Leider ist gerade dieser Figur die Ehre zu teil geworden, von Fenelossa
als Beleg für "westliche Einflüsse" abgebildet zu werden. Es handelt sich aber, wie
bei der Amidafigur (Tafel I4), um eine viel spätere Nachbildung. Auch hier sind alte
Motive nachgeahmt und eine gewisse Verdichtung der Grundmasse erstrebt; auch die
Dekoration der Originalfiguren ist getreulich wiederholt. Aber im Ausdruck hat die Figur
nichts mehr mit jenen gemein: An Stelle des mächtigen Ernstes und der gedrungenen
schweren Haltung, ein leeres und geziertes Gebaren; statt der schweren Bronze eine
leichte Lackfigur. Besonders in den Gliedmaßen kann der Kopist seine eigene Zeit
nicht verleugnen: die gewölbten Zehen an den Füßen, die kleinen Hände mit den
spitzen, gespreizten Fingern, die durchbrochenen Ohrläppchen und die schematische
Eleganz des Gesichtes, die vor allem im Profil zum Ausdruck kommt (Tafel 72). Dazu
kommt die Übertreibung in der plastischen Behandlung des Gehänges, das sich in
unruhige, kapriziöse Drehungen auflöst. Der Vergleich der Rückansichten auf Tafel 68
und 73 zeigt die Auflösung des geschlossenen Umrisses und die übertrieben stoffliche
Auffassung der Gewandung; so legen sich an den Schultern und im Kreuz weiche und
bauschigeunregelmäßige Falten zwischen die nachgeahmt strengen Linien. Die Figur
wird zur selben Zeit ergänzt worden sein wie der Amida.
Tafel 74. Die Kwannon aus der Serie der 48 Kleinplastiken wiederholt typische
Merkmale der eben besprochenen Figuren: die Form der Lotusblätter, die schwere
Bindung des Unterkörpers durch das Gewand, das vorn schließt, die gebundene Hal-
tung der Arme, den großen Kopf und das Schema der Dekoration. Auch Einzelheiten,
die auf Verwandtschaft mit den Begleitfiguren im Kondo des Horyuji schließen lassen,
fehlen nicht: so die kurze Nase mit den mächtigen Augenbrauen, die eingezeichneten
Augenlinien, die Haare, die in Strähnen sich über das Ohr legen, das doppelte Stirne
band, die ornamentierten Säume der Falten, die quadratisch flachen Füße. Auch hier
ist im Gegensatz zur Unbeweglichkeit des Gestaltlichen das freie Gehänge durch Wim
dungen plastisch belebt. In der Führung des Gehänges, das nicht wie sonst um den
Nacken geschlungen ist und den Rumpf diagonal überquert, sondern lediglich über die
Unterarme gelegt ist, zwischen denen es in tiefem Bogen herabhängt, macht sich die
größere Freiheit des Arrangements geltend; diese Art der Lagerung erfordert bereits eine
größere Lösung zwischen Körper und Zutaten. Auch die Schmuckbänder wirken reicher
und auffälliger; sie fallen vom Stirnband der Krone herab, urnschlingen den ganzen
Körper und sind durch ihre Punktierung klar vom Körpergrund distanziert, bilden
so besondere plastische Einheiten. Die beiden Rosetten an der Brust und am Leib
sind durch Ketten verbunden. Der Körper hat durch freiere Massenverteilung an
vegetabiler Lebendigkeit gewonnen. Ein welliger Umriß, ähnlich wie bei der Figur
Tafel 60, löst den rechtwinklig starren Block auf; Brust und Leib sind schmächtig
und zart, in seltsamem Gegensatz zu den schweren Füßen und dem großen Kopf. Zur
gleich wird der Unterschied von bekleideten und nackten Teilen stark hervorgehoben,