durch die Bewegung des Körpers wirkt diese Rückwärtsbewegung stark in die Tiefe
hinein. So gering auch diese Andeutungen sind, kann man doch von einer leichten
Rumpfbewegung um die eigene Achse sprechen; damit kommt eine ganz neue Note
in die Bildwirkung hinein. Auch das Gesicht (Tafel 211) zeigt eine Abänderung
gegenüber den bisher behandelten Figuren; der Ausdruck ist außerordentlich klar,
aber etwas leer, ich möchte sagen formelhaft. Die Kopfmasse ist plastisch ganz
vereinheitlicht (vgl. Tafel 113 und 195); alle Übergänge sind weich und ohne die
Masse zu brechen oder zu Winkeln; die Backen sind voll und rund, das Unterkinn
stark betont, die Augenbrauen nicht durchgezogen, so daß die Stirn nicht mehr abge,
setzt und vom Gesicht abgetrennt wird; der Mund ist klein, aber sehr breit und voll ent,
wickelt, die Schwellung der Oberlippe bis zur Nase fortgesetzt (vgl. Tafel 153), dagegen
ist die Nase auffällig klein gebildet. Die Ohren zeigen hier deutlich (Tafel 205, 210),
daß, wie vorher behauptet wurde, für die fleischig kompakte Behandlung eine natürliche
Vorlage maßgebend ist. Der Haaransatz wird immer tiefer in die Stirn herein,
gezogen (Tafel 206, 211); in den früheren Werken bildete er eine scharfe Kante
(Tafel 18, 20), dann einen schmalen, flachen Reif (Tafel 74) oder einen wellenförmigen
Abschluß (Tafel 97); in der Tooindokwannon (Tafel 131) trat dann eine naturalistische
Behandlung auf; hier liegt nun wieder eine rein ornamentale Umbildung vor, wobei
aber die plastisch verdickte Anlage beibehalten wird. Der reich ornamentierte Reif
schließt nicht unmittelbar an der Stirn an, sondern liegt im Haar auf; der überhöhte
Schopf wird durch einen geschmackvoll abgetönten, frisurartigen Aufbau gebildet
(Tafel 211).
Die Formgebung dieser beiden Gestalten läßt somit eine durchgehende Tendenz
der Vereinfachung und Vereinheitlichung unter besonderer Berücksichtigung voll,
plastischer Bildmotive erkennen; dies Bestreben setzt eine reife Beherrschung der körper,
lichen Vorgänge voraus. Es handelt sich nicht mehr um die programmatische Konstituierung
der Körperhaftigkeit, sondern bereits um die bildmäßigäplastische Verarbeitung der
körperlichen Anschauung. So erwächst aus den Voraussetzungen des körperlichen Be,
wußtseins und des Empfindens für plastische Tatsächlichkeit ein neues Schönheits,
ideal. Diese Idealisierung hält die Bilderscheinung sowohl von einer Versachlichung wie
von einer Verstofflichung fern. Die plastisch ausbalancierte Bewegung bleibt immer
natürlich empfunden, die vereinfachte Gewandgebung bleibt eine stoffliche Besonderheit,
und die Körperhaftigkeit wirkt zugleich anschaulich klar wie bildmäßigmnpersönlich.
Dabei tritt immer deutlicher eine rein geschmackliche Orientierung in Erscheinung, ein
gewisses Raffinement und eine geschmeidige Eleganz (siehe bes. Tafel 205 und 208), die
aber noch nicht in kleinliche Detaillierung übergeht, sondern im Rahmen der großzügig
idealisierenden Formauffassung verbleibt.
Abbildung 23. Ich schließe an diese beiden Figuren unmittelbar drei Bronze,
statuetten an, die denselben idealisierenden Stilausdruck tragen, und die zugleich die
Rückwirkung der Tontechnik auf die Bronze zeigen; sie können als eine vollplastisch
organische Übersetzung der Figur 187 gelten. In der Shokwannon (Abb. 23) wirkt die
Hakuhoauffassung des Tangstiles noch stark nach; an der körperlichen Sicherheit der
Haltung, der freien, unbehinderten Räumlichkeit der Anlage und an der organischen
Bewegungsfunktion läßt sich erkennen, daß jene Tanggesetze Allgemeingut geworden
sind; ihre Anwendung wirkt hier sicher, selbstverständlich, ja allzu mühelos; so ist
die natürliche Anschauung, die im Oberkörper zum Ausdruck kommt, im Verhältnis
zu der idealisierenden Tendenz der Unterpartie noch zu stark zur Geltung gebracht.
Auf dieser allzu nachhaltigen Rückwirkung der naturalistischen Tangformen beruht die
gewisse formale Unstimmigkeit, die hier zum Ausdruck kommt. Es scheint Mühe zu
kosten, sich von diesen Formbegriffen wieder frei zu machen; es fehlt noch die über,