gelegt und die langen geschmeidigen Faltenlinien werden im Gürtel gesammelt. Das
Kreuz ist leicht abgebogen. Die Dekoration mit Schmuckwerk ist reicher als in der
Gegenfigur; vom Brustschmuck, der mit breiten Bändern unterlegt ist, fallen Ketten
bis auf die Oberschenkel herab; vom Gürtel hängen seitwärts Bänder bis zu den Fuße
gelenken herunter (Tafel 123). Das Gehänge liegt nicht am Körper an und ist an der
linken Seite um sich selbst gedreht. Der Kopf ist nach vorn geneigt, die mächtige
Kinnpartie verdeckt den Halsansatz. Die Gesichtsteile liegen eng aneinander, aber die
plastische Durchbildung des Gesichtes ist grundlegend von älteren Werken verschieden:
Das Haar ist tief in die Stirn gezogen, der Wölbung der Schädeldecke sich anschmiegend,
die Stirn ist rund, der Nasenansatz vertieft und die flachen Brauen sind in der Augen,
höhle abgewinkelt; die Backen und das lange Kinn sind voll und weich herausmodelliert,
die kräftigen Lippen liegen tief in der Masse. Der Haarschopf überhöht den Kopf in
gleichmäßiger Rundung; in der Mitte, wo die Strähne sich sammeln, liegt ein gee
schmackvoller Schmuck im Haar. Fast zu behäbig und zufrieden wirkt der Ausdruck
dieses Gesichtes; die feine vergeistigte Nuancierung der älteren Werke geht durch die
volle, plastisch bewegte Modellierung verloren. Die Rundbildung läßt eine zusammene
hängende Fülle von Profilansichten entstehen, wobei die einmaligen Seitenansichten
nur Stationen darstellen. Die Frontalität, der die Figuranlage noch gehorcht, bedeutet
nicht mehr die endgültige Zusammenfassung aller Ausdruckswerte in eine einzige, sicht-
bare und gerade Front, sondern bildet nur die Hauptachse für die Flucht maßvoll sich
entwickelnder Profilierungen; der Standpunkt des Beschauers bleibt nicht mehr auf
die wagerechte Projektion beschränkt; die geschmeidigen Übergänge der runden Bildform
folgen dem wandernden Blick und schließen erst in der reinen, noch immer neutral
behandelten Rückansicht ab. Die abgewogene Eleganz der Umrisse dieser Figur, der
ruhige Abfluß der Gestaltmasse und die Grazie ihrer Haltung wirken zu einem
reichen Spiel bildmäßiger Ausschnitte zusammen. So ist die Figur nicht mehr an die
reinen Vordere und Seitenansichten gebunden (vgl. Tafel 55), sondern ergibt auch in
der Schrägansicht (Tafel 123) eine in sich geschlossene Bildeinheit. Ein Rückblick auf
die Kwanchinjifigur (Tafel 60), bei der zum ersten Male sich die Möglichkeit, sie in
einer Schrägstellung zu erfassen, ergab, verdeutlicht die ungestüme Weiterbildung, die
sich inzwischen vollzogen hat.
Abbildung 18. Auch diese Statuette läßt sich den koreanischen Werken des
Taikwastiles angliedern. Gewandmotiv, Armhaltung und Gestaltanlage sind ähnlich
wie bei der Figur 120. Nur ist dieDekoration reicher, die gesamte Haltung jedoch
starrer. Ein ähnliches Verhältnis wie zwischen den Figuren gIund 103 besteht auch
zwischen dieser Figur und Figur 120: das Gehänge ist über den Körper hinweggeführt,
schließt die Arme wieder enger an den Rumpf an und zwingt ihn zur unbewegten
Geschlossenheit. Diese Feststellung zeigt, daß in den Fällen, wo der Entfaltung der
Körperbewegung hemmende Schwierigkeiten entgegenstehen, eine strenge Rückbildung
in frontales Gleichmaß eintritt. Es liegt noch nicht im Sinne dieser Zeit, die Bewegung
auf den Stoff überzuleiten, ebensowenig wie den Körper selbst zu drehen. Bei dieser
Rückbildung erhält das Gehänge eine Form, die an die alte, linear-rhythmische Sila
houettenbildung erinnert (vgl. Tafel 15). Was aber dort mit formaler Notwendigkeit
sich entwickelte, bedeutet hier nur ein einzelnes Formmotiv, mit dem frei geschaltet
wird; darin deutet die Figur bereits auf den späteren archaisierenden Stil hinl. Auch die
Faltenbildung am Leib weist bereits auf den dekorativen Schematismus der späteren
Richtung hin, ebenso die Bildung des merkwürdigen Halsschmuckes; wir werden diese
Figur daher ziemlich weit gegen Ende des Jahrhunderts heraufsetzen können, wofür
1 Vßrglßkhß 7. Kapitel"; dort nähereAngaben über die Motive formaler Rückbildung; die späteren
Werke knüpfen an diese Figuren an.