Anhang
Anmerkungen.
l nterlokale
Verbände
im
älteren
Gewerbe.
ährend die von uns erörterten Organisationen der Ämter und Bruderschaften
W die Ansässigkeit an einem bestimmten Ort zur Voraussetzung haben,
kennt das Mittelalter andererseits gewerbliche Verbände, bei denen die
Mitgliedschaft nicht durch den Aufenthalt an einem einzelnen Ort begrenzt wurde,
sondern sich auf weite Gebiete erstreckte. Diese interlokalen Verbände finden sich
in der älteren Zeit bei solchen Gewerben, deren Angehörige, wenn auch seßhaft
und über einen festen Wohnsitz verfügend, doch bei Ausübung ihres Gewerbe-
betriebs regelmäßig Wanderungen unternehmen mußten. Wo ein solcher Verband
altes Recht besitzt, zählt er zu den h o c h a n g e s e h e n e n und bevorrechteten
Gewerben und ist streng zu scheiden von Landfahrern und umherziehenden
Leuten.
Die Grundlage eines solchen Verbandes kann eine zwiefache sein: eine landsmann-
schaftliche, die ohne räumliche Abgrenzung ihres Bereichs jeden Angehörigen
gleicher Herkunft umschließt, oder eine bezirksmäßige, die sich über ein bestimmtes
Land- oder Staatsgebiet erstreckt. Beispiele alter interlokaler Verbände finden
wir in Deutschland und in Frankreich. Zu den vornehmsten Verbänden dieser
Art gehörten die der Münzer in Frankreich, die, gleich den deutschen Hausgenossen,
in Ausübung ihres Gewerbebetriebs zu Reisen und Wanderungen gezwungen
waren; sie waren in nationale Schwurgenossenschaften eingeteilt, denen das
Recht der Amtsbürtigkeit zustand. Über die Verfassung der Münzer vgl. Gewerbe-
recht S. 39.
Einen hohen Rang beanspruchten während des Mittelalters die Kessler und
Kaltschmiede, ortsansässige Handwerker, die jedoch den Absatz von Kaltschmiede-
waren und Messinggerät auf weite Strecken betrieben und zur Ausführung von
Arbeiten auf die Wanderung gingen. Eine bemerkenswerte Verfassung besitzen
die normannischen Kaltschmiede, deren Sonderrecht sich noch im 15. Jahrhundert
erhalten hatte und ein hoehstehendes, von altersher privilegiertes Handwerk er-
kennen läßt. Die Kaltschmiede bezeichnen ihr Gewerbe als „der Münzkunst ver-
wandt", wie ihnen auch die Vorrechte der Münzer, namentlich die Amtsbürtigkeit,
zukamen, ein Beweis für das hohe Alter des Verbandes. Jeder Kleinhandel im
Umherziehen war den Angehörigen dieses Verbandes untersagt; Gewerberecht
S. 259.
In Deutschland ist das Keßlergewerbe während des Mittelalters in acht Keßler-
kreise (in Süd- und Mitteldeutschland) eingeteilt, in deren jedem ein Schirmherr
den Kesslerschutz ausübte. Die Keßler wiesen, wie M o r i z H e y n e , Alt-
deutsches Handwerk, mit Recht hervorhebt, im Mittelalter jede Gemeinschaft
mit den umherziehenden Keßlern, den Kesselflickern und den Landfahrern zurück.
Noch in späteren Jahrhunderten sagt das Privileg der Grafen von Hohenlohe (deren