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Dritter
Abschnitt.
Das Magisterium.
des Magisteriums. Verbände, die die Handwerkerschaft berufsmäßig
vereinigten und ihr die Kraft des Zusammenschlusses verliehen, haben
Wir zuvor kennen gelernt. Es fehlt indes noch die Ausbildung der
besonderen Organe, die die mittelalterliche Verwaltung des Gewerbe-
wesens kennzeichnen.
Die Untersuchung des Magisteriums hat sich nach zwei Richtungen
zu erstrecken; einmal auf die allgemeinen Grundlagen des Amtes,
alsdann auf die Geschichte der einzelnen Magisterien. Gleich der
des grundherrlichen Handwerkeramts, ist die Grundlage des Magi-
steriums eine doppelte, eine jurisdiktionelle und eine fiskalische. Die
Zuweisung einer besonderen Gerichtsbarkeit ergab sich aus der Ab-
teilung und Ausscheidung des Handwerkeramtes innerhalb der Hof-
wirtschaft. Das magisteriale Gericht hat in seinem Ursprung den
vollen Umfang eines grundherrlichen Gerichts; es ist zuständig in
allen Justizsachen, ausgenommen die schweren Verbrechen, die an
Hals und Hand gehen. Das Amt bezieht ferner die Bußen, Gerichts-
gefalle und Gebühren ungeteilt; kein anderes Gericht hat an ihnen
einen Anteil 1. Es ist dies eines der hauptsächlichen Merkmale der
selbständigen Amtsherrlichkeit. Mit der Jurisdiktion war gegebener-
weise die Handhabung der Gewerbepolizei und des Gewerbegerichts
(das spätere Zunftgericht) verknüpft. Der Inhaber des Magisteriums
oder der von ihm eingesetzte Vertreter sprach die Strafen aus für
schlechte Arbeit, für Untermaß und Untergewicht, für Übertretungen
der Handwerksvorschriften jeder Art. Nach den alten Grundsätzen
des Gerichtsveriahrens war er indes bei der Rechtsprechung an die
Mitwirkung von Handwerksgenossen gebunden. Er hatte eine An-
zahl honesti homines oder probi homines bei den Gerichtshandlungen
zuzuziehen. Aus diesen probi und honesti sind die späteren Jurati
des Zunftwesens, die Zunftgeschworenen, hervorgegangen.
Das eigene Recht des Amtes hatte zur Folge, daß das Magisterium
stets von dem allgemeinen 2 Gericht vollständig eximiert ist und
mit diesem keinerlei Berührung hat. Dieses weitgehende Sonder-
1 Mag. u. Frat. S. 18, 19, 37, 55, 78, 90, 94, 98, 100, 128, 132, 134, 141.
1 Der Ausdruck "allgemeines Gericht" bezeichnet den Gegensatz zu dem
Sondergericht (Handwerksgericht), der Ausdruck "öffentliches Gericht" den
Gegensatz zu dem nicht öffentlichen, d. i. privaten Gericht. Vgl. Gewerberecht
S. 125 Anm. 2.