Volltext: Der Ursprung des Zunftwesens und die älteren Handwerkerverbände des Mittelalters

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Erster Abschnitt. 
Der Weg der zunftgeschichtlichen Forschung. 
In Fortsetzung seiner früheren Arbeiten veröffentlicht Geo rg 
v. Below eine Reihe von Aufsätzen, in denen eine Anzahl ge- 
werbegeschichtlicher Fragen kritisch behandelt und die Anschauungen 
des Verfassers (oben S. 82) genauer begründet werden. 
Vgl. die Entstehung des Handwerks in Deutschland, Zeitschrift für Sozial- 
und Wirtschaftsgeschichte 1897, Bd. V S. 124; Der Untergang der mittelalter- 
lichen Stadtwirtschaft, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 76 
S. 449 f.; Zur Geschichte des Handwerks und der Gilden, Histor. Ztschr. Bd. 106; 
Die Motive der Zunftbildung im deutschen Mittelalter, ebenda 1912 Bd. 109. 
Die zunftgeschichtliche Schrift von Gustav Croon behandelt die Ur- 
kunden aus der Entstehungszeit des Zunftwesens, schließt jedoch das Straß: 
burger Stadtrecht von der Betrachtung aus. Croon gelangt "zu dem Er- 
gebnis, daß die ersten Zünfte in den meisten nachweisbaren Fällen durch freie 
Einung von Handwerkern entstanden sind und im großen und ganzen vom 
ersten Augenblick des Bestehens an den Zunftzwang, als Wesen der Zunft, be- 
sessen haben; doch wird ihm von K e utgen entgegengehalten, daß die Nicht- 
berücksichtigung der Straßhurger Ämter die Erzielung allgemein anwendbarer 
Ergebnisse ausschließt. (Zur Entstehung des Zunftwesens, Marb. Diss. 1901.)  
Mit den Anschauungen von Georg v. Below stimmen weiter überein die 
Doktordissertation von XVilhelm Gallion, Der Ursprung der Zünfte in 
Paris, Berlin 1910, und Richard Karcher, Das deutsche Goldschmiede- 
handwerk bis ins 1.5. Jahrhundert, Leipzig 1911. Die Untersuchung von H a n s 
Th i m m e über das Kammeramt in Straßburg, Worms und Trier (Berlin 1913) 
ist dem Nachweis gewidmet, daß die mit der bischöflichen Kammer eng ver- 
bundenen Handwerker in den vorgenannten Städten innerhalb des Handwerks- 
amtes von den übrigen Handwerkern genau geschieden waren (a. a. O. S. 30). 
Der Ursprung des Kammeramtes scheint in unfreien Verhältnissen zu liegen. 
Die Kammerhandwerker nehmen als geschlossene Gruppe an der zünftigen 
Organisation teil, haben indes das Bestreben, sich zu einer aristokratisch-aus- 
schließenden Genossenschaft zu entwickeln; a. a. O. S. 20 und 44. 
E d u a rd S c h u l t e (das Gewerberecht der deutschen Weistümer, deutsch- 
rechtliche Beiträge III Heft 4, Heidelberg 1909) legt dar, daß zwar die hof- 
rechtliche Theorie von der Entstehung der Zünfte in den Weistümern keine 
Stütze findet, daß aber der Grundherrschaft auf dem Gebiete des ländlichen 
Gewerberechts im Mittelalter doch eine nicht zu unterschätzende Bedeutung 
beigelegt werden muß.  Der Abweisung organischer Zusammenhänge mit hof- 
rechtlichen Bildungen schließt sich für das Kölner Gewerbe Heinrich 
V. Lösch an, der andererseits wiederum die von Keutgen (oben S. 82) 
vertretene Herleitung der Zunfteinrichtungen aus dem Marktrecht bekämpft. 
Verfasser will das Alter der Zünfte wesentlich höher hinaufrücken als seither 
angenommen wurde. Unter Hinweis auf die Urkunde für die Wormser Fisch- 
händler von 1106 und das Privileg der Würzburger Schuhmacher von 1128  
die beiden Handwerkerschaften werden vom Verfasser für Zünfte erklärt  be- 
merkt v. Lösch: „Da Köln alle diese Städte an Größe überragt, liegt die Wahr- 
scheinlichkeit vor, daß hier die Zünfte der Grundgewerbe im Laufe des 11. Jahr- 
hunderts entstanden sind. Das Schweigen der Überlieferung spricht nicht da- 
gegen, da wir über Kölns innere Verhältnisse im 11. Jahrhundert so gut wie 
gar nicht unterrichtet sind"; Die Kölner Zunfturkunden, Bonn 1907 Bd. I S. 48.
	        
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