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Die Wand aber selbst wird nach den Säulenmaßen auf- Die Wand
geführt, so daß, wenn sie dieselbe Höhe wie die Säule samt dem
Kapitäl haben wird, ihre Dicke so stark sein soll, wie die Säulen
unten. Dann beachteten sie auch das, daß es keine Säule, keine
Basis, kein Kapital und keine Wand gäbe, welche den übrigen
der Reihe nicht in irgend einer Beziehung vollkommen ähnlich
wäre, sei es nach der Höhe, Breite, endlich in jedem Maße und
in ihrer Gestalt. Obzwar es immer ein Fehler ist, die Wand Ihre Fehler
zu schmal oder zu dick, zu niedrig oder zu hoch gemacht zu
haben, als es Regel und Maß erfordert, so möchte ich doch
eher nach jener Richtung gefehlt wissen, daß man etwas
wegnehmen kann, als daß man hinzufügen muß. Hier ist
es auch angebracht, die Fehler der Bauten nicht zu über-
gehen, damit wir vorsichtiger bei der Sache seien. Denn das
höchste Lob ist es, frei zu sein von jedem Fehler. Dagegen
ist mir bei der Peterskirche in Rom aufgefallen, was jedem Die Peters-
auffallen muß, daß sie sehr leichtsinnig gebaut ist, deshalb, km1" i" Rom
weil man über den zahlreichen sich aneinanderreihenden
Öffnungen eine überlange und breite Wand zog, die durch
gar keine Ausbauchungen verstärkt, durch keine Pfeiler ge-
stützt ist. Man muß nur beobachtet haben, wie ein ganzer
Flügel dieser Wand selbst durch die allzuhäufigen Öffnungen
untergraben, fast in den Himmel ragt und so liegt, daß er
den heftigen Nordwinden vollkommen ausgesetzt ist. Aus
diesem Grunde wich er schon von allem Anfang an infolge
der unablässigen Windstöße mehr als sechs Fuß vom Lot
nach der Seite ab.
Und ich zweifle nicht, daß er einmal nur durch einen leichten
Anstoß und eine mächtige Bewegung zusammenstürzen wird.
Wäre er nicht durch das Dachgebälk zusammengehalten,
so würde er ohne Zweifel von selbst durch die bereits beginnende
Neigung einstürzen.
Doch dem Architekten möchte ich weniger Schuld geben,
weil er ja nur der Notwendigkeit des Ortes und der Lage ge-
folgt ist und sich vielleicht vor den Winden durch den vor-