Volltext: Reihenhaus-Fassaden

allmählich notwendig werdenden Neubauten 
vielleicht noch ein Kunstwerk allerhöchsten 
Ranges hätte werden können, ist auf absehbare 
Zeit heillos entstellt. Vielleicht hätte ein fünf- 
(statt sechs-) geschossiger Bau mit niedrigerem 
First (als der dann pylonenhaft höhere Eckbau) 
eine erträglichere Wirkung gegeben. Auch wäre 
dann der Anschluß nach links ohne neue Brand- 
mauer möglich gewesen (Abb.4.o, links oben). 
DerVertikalität des Wertheimbaues widerspricht 
in derselben Straße die Horizontalität des neuen 
Geschäftsstraße ja viel weniger paßt als etwa der 
gleichmäßig unablässige Rhythmus der Wert- 
heimpfeiler Messels. In diesem städtebaulichen 
Sinne ist der Fortschritt der Herpichhaus-Fassade 
ein Rückschritt. Immerhin, die unendlich langen, 
wagerechten Fenster des Herpichbaues sind min- 
destens ebenso berechtigt, wie die unendlich 
hohen, senkrechten Fenster des neuenWertheim- 
baues oder des neuen Scherlhauses (Abb. 4.50): 
die Wahrscheinlichkeit, daß in einem Kauf- oder 
Herpichhauses (Abb. 427- 29), das trotz allem, 
was gegen Einzelheiten, wie das Spiel der Ge- 
simse (Leuchtgesimse unter den Fenstern des 
Mittelbaues, Ziergesimse über den Fenstern der 
Erker) eingewendet werden mag, zum schönsten 
Gebäude der Leipziger Straße und zu einem 
der schönsten Bauten unserer Zeit geworden ist. 
Vor seiner knappen Eleganz erscheint das riesige 
Pfeilerwerk des Messelschen Wertheimbaues 
Zeitungshause horizontal große Räume praktisch 
ausnutzbar sind, ist sogar größer als der Glaube 
an die Allgegenwart der vielgeschossigen Bet- 
Teppichhalle, die den gotischen Riesenfenstern 
des Messelschen Eckbaues als Vorwand und dem 
schon 
altmodisch 
maßstäblich 
BtWGS 
stiegen. Der Vorwurf, daß infolge der Beibehal- 
tung der alten Erker am neuen Herpichhause 
(das ja zum Teil nur einen Umbau darstellt) 
jetzt neu eröffneten Erweiterungsbau alsVorbild 
diente. Wenn riesengroße Fenster vorgetäuscht 
werden sollen, ist es gleichgültig, ob die vorhande- 
nen horizontalen Zwischengeschosse oder ob die 
senkrechten Pfeiler oderTeilungswände geschickt 
hinter Metalleinlagen oder hinter Glasvorlagen 
(Abb. 4.25_26, 4.4.oä41) versteckt werden. 
BedauerlichbleibgdaßfürdiealteHauptgeschäfts- 
Straße Berlins keine Einheitlichkeit betreffs 
sozusagen noch 
alte Wohnhaus 
die alte Bauordnung und das 
durch die Fassade des neuen 
Horizontalität oder Vertikalität 
erreicht werden 
Geschäftshauses durchschimmert, mag richtig, 
aber nicht wichtig sein. Im Gegenteil kommt 
es vielleicht der Wirkung des Neubaues zugute, 
daß seine starken waagerechten F ensterbänder 
durch die starken Senkrechten der Erker in die 
konnte. Aber schließlich, was liegt daran, was 
sich im Chaos der Leipziger Straße begibt, oder 
daß etwa der übermenschlich große Maßstab 
der neuen, als Einzelwesen großartigen Scherl- 
fassade alle anderen Maßstäbe der Zimmerstraße 
vertraute alte Harmonie gelöst werden, die von 
Historikern "klassisch" genannt werden mag. 
Vielleicht wird auch die Wirkung des Herpich- 
hauses nur gesteigert und ihre Modernität jeden- 
falls dadurch kaum beeinträchtigt, daß es sich 
trotz seiner autokarosseriemäßig gebogenen 
Erker und Metallgesimse eigentlich als eine 
jener symmetrischen Kompositionen mitTraver- 
tin und Risaliten präsentiert, die seit alters be- 
liebt bleiben, obgleich eine derartig eigensinnig 
selbstherrliche Komposition in eine moderne 
(Abb.450) zerschlägt? Es sind die großen Monu- 
mentalplätze des historischen Berlin, der Leip- 
ziger, der Pariser und Belle Alliance-Platz und 
die historische Monumentalstraße „ Unter den 
Linden  wo unsere architektonischen Forde- 
rungen streng sein und höchste Wirkungen er- 
strebt werden dürfen und müssen. Daß keinerlei 
derartige Wirkungen erreicht, ja nicht einmal 
angestrebt werden, gehört zu den berechtigten 
Klagen, die seit vielen Jahren gegen die angeb- 
liche und sicher planlose Tyrannei des Berliner 
Stadtbaurats vorgebracht werden. 
REIHENHAUS 
FASSADEN 
RHYTHMISCI-IE 
FOLGEN 
PFEILERN 
ÖFFNUNGEN 
Als der große Christopher Wren  im 
nicht nur des englischen Klassizismus  
Sinne 
 er- 
klärte, daß die Breite einer Fassade nicht mehr 
als dreimal die Höhe des Gebäudes messen
	        
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