Baugesinnung half kräftig zur Überwindung mancher mittelalterlicher Mißverständnisse klassischen
Bauens. Aber Palladio war doch noch genügend befangen in dem vordringlichen Ehrgeiz des
Renaissance-Künstlers (über den uns Cellinis autobiographischer Eifer lachen lehrte), um der schönen
Bogenzeile (Abb. 4.6_55) einer noch fast antiken Straße eine richtige Sonder-"Fassade" verkleben
zu können, auf der er seine Kenntnisse von Säulen, Rundbogen, Balustern und Gesimsen ausstellte
(Abb. 55). Auch Palladios berühmtester Palast (Abb. 14.) gibt ein beschämendes Gegenbeispiel von
vorgeklebter "Fassade" (Abb. 1 5), das selbst dann nicht in ein gutes Beispiel verwandelt würde, wenn
man die ganze Seitenansicht mit dem auf der Hauptansicht verwendeten Stein verkleidete.
Die Überwindung mittelalterlicher „Fassaden"-Spielerei läßt sich besonders deutlich in Venedig ver-
folgen. Die von Ruskin gefeierten gotischen Palast-Fassaden Venedigs mit ihrer „Grandezza secondo
[uso tedesßo" waren meist symmetrisch mit starker Betonung des Mitteltraktes entwickelt. Die
Palast-Baumeister der Renaissance bewiesen große stadtbaukünstlerische Weisheit, als sie den Ge-
danken derartiger Mittelbetonung aufgaben, obgleich er gleichzeitig in anderen Städten der italieni-
schen Renaissance zu neuem Wohlklang entwickelt wurde. Paläste wie Palazzo Chierigati (Abb.
die von den Venezianern nicht nachgeahmt wurden, waren für die Beherrschung verhältnismäßig
kleiner Plätze oder Straßen, und als alleinstehender Blickpunkt einer streng zusammengefaßten Per-
spektive geeignet. Aber als seitliche Fassung einer Straßenzeile konnte das Nebeneinanderstellen
selbstherrlicher, auf Mittelwirkung abzielender Fassaden nur ein arhythmisches Staccato abgeben. Noch
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Die Fassade von vorn und von hinten gesehen
Zusammenhangs zwischen der Fassade und dem eigentlichen Hause der mittelalterlichen
(auch nördlichen) Kirchen