des Barock immer aufs neue von den
berühmtesten Meistern der Baukunst
mißbraucht worden ist (vgl. S. 1 1 71 5).
Am Forum civile von Pompeji z. B.
wurde die Stirnseite des Jupiter-
tempels deutlich als eine derartig wirk-
same „Fassade" empfunden, der sich
die anderen Bauten am Forum unter-
ordneten (Abhg). Das einfache Mittel,
diese anderen Bauten zur Unterord-
nung zu zwingen, waren die einheit-
lichen Säulenhallen, die mit zielbe-
wußter Rücksichtslosigkeit vor ihre
unregelmäßigen Stirnseiten gelegt
wurden (Abb. Auch diese Säulen-
hallen Waren deutlich "Fassaden".
Die Straßen der antiken Stadt strebten
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(nach Vilhelm Wanscher). Beweis für die fassadenhafte Behandlung des
Äüßeren antiker Tempel. Das Gebälk der Säulenordxxung hat mit dem
Gebälk des Daches nichts mehr gemein.
meistens noch nicht wie das lange
Forum von Pompeji auf ein über-
ragendes Blickziel hin; aber sie waren
doch vielfach durch einheitliche, fas-
sadenhaft wirkende Säulenhallen zu-
wurde nachträglich und fast beziehungslos vor den Markt
von Milet gestellt, wie man ja einen Triumphbogen an
beliebiger Stelle über eine Straße stellen kann. Die Bau-
meister des Mittelalters und der Renaissance haben dieses
sammengefaßt, hinter denen die Häu-
ser sich ungestört entwickeln und der
Straße den Rücken drehen konnten
s).
Der „Fassaden"- Kultus im schlimmen
Sinne des Wortes, das regellose Spielen
mit "Fassaden", stammt wohl erst von
den mittelalterlichen Baumeistern,
deren nördlichere und sonnenlosere
römische "Triumphbogen-Motiv" oft ebenso beziehungslos
als „Fassade" vor ihre aus der römischen Baukunst abge-
leiteten Basiliken gestellt. Selbst im angeblich vtektonischen"
Norden (z. B. Straßburg!) ist der Zusammenhang zwischen
der westlichen Fassade und dem dahinter stehenden Lang-
haus oft nicht inniger als z. B. in Orvieto (Abhg und 1 o).
Doch auch in das Mittelalter und gerade auch in die bürger-
liche Baukunst vieler Städte unseres Nordens rettete sich der
schöne Gedanke einheitlicher Straßenfronten mit Bogen-
Städte oft auch in den Hauptstraßen
der Säulenhallen entbehrten und die
Straßenseiten auch der anspruchsvoll-
sten Häuser den prüfenden Blicken
der Vorübergehenden preisgaben. Aus
den Kuppelgemälden des 5. Jahrhun-
derts in der St. Georg-Basilika von
Saloniki (Abb. 8) scheint hervorzu-
gehen, daß Schöpfungen wie das viel-
umstrittenemilesischeMarktt0r(heute
in Berlin) gleichsam Anfänge für das
Fassadenwesen und -unwesen in Ma-
lerei und Baukunst unseres Mittel-
alters von 529 bis 1929 geworden
sind. Das milesische Tor (Abb. 7)
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GIEPHESUS. SÄULENSTRASSE
(nach Niemann). Die Säulenhallen waren die Fassaden der alten Städte.