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Teil.
betreibende Bodenspekulation, sondern ein selbständiges, allerdings
spekulativ geleitetes Baugewerbe.
Der Bauunternehmer, in Deutschland der Handlanger des Bodenl
"Spekulanten, ist in England ein zwar kreditbeilürftiger, im übrigen aber
unabhängiger Geschäftsmann. Mit der Aufbringung des Kapitals für
den Boden in Deutschland der Hauptpunkt hat der Bauunter-
nehmer bei dem allgemein üblichen System der Bodenpacht (Leasehold)
überhaupt nichts zu tun. Schon hierdurch wird die Funktion des
Baugewerbes eine vollständig verschiedene von den oben S. 137 f. und
S. 390f. geschilderten Verhältnissen. Bei dem englischen Flachbau er-
geben die Baustellenpreise überdies einen Betrag, der auch bei „Free-
hold" unschwierig zu beschaffen ist. Das Baugewerbe ist demgemäß
ein kapitalistischer Betrieb, der den allgemeinen Konjunktursclnvankungen
unterliegtwie jedes andere Gewerbe. im übrigen seinen aber durch die
wirtschaftlichen Verhältnisse bestimmten Gang geht und keineswegs
vollends sich in Zuckungen und im offenen Gegensatz zu der allgemeinen
Wirtschaftslage bewegt (oben S. 192 und 399).
Vgl. hierzu Shadwell, Industrial Efficiency, Tom. H, p. 186:
"Außerhalb von London und einigen wenigen anderen besonderen Ört-
lichkeiten ist das Problem der Anzahl der Wohnungen nicht dringlich,
und in den meisten Provinzstadten, besteht es überhaupt nicht; das
Angebot ist beinahe ausreichend und wird es immer mehr, Und selbst
in London ist die dringliche Schwierigkeit beschränkt auf das innere Ge-
biet; außerhalb, in Greater London, wohnen die Arbeiterklassen ebenso
in Einzelhäusern wie anderswo, und das Angebot hält gut Schritt mit der
Nachfrage. Ich habe während der letzten 15 Jahre die Erbauung von
vielen Hunderten von Kilometern von Straßen an der nördlichen und
östlichen Peripherie beobachtet, die ausschließlich aus solchen Häusern
bestehen. Wir haben nichts, was mit der Wohnungsnot zu vergleichen
ist, die in Deutschland herrscht, und die verhältnismäßig niedrigen Mieten
inEnglanld sind ein Ergebnis dieses verhältnismäßig reichlichen An-
gebots." Zitiert von Horsfall, Ztschr. f. Wgsw. 1906, Bd. IV, S. 241.
Der Bodenist in den Mittelstädten und in den für die Klein-
wohnungen hauptsächlich in Betracht kommenden Außenbezirken und
Vororten der Großstädte allgemein als Freehold (unserem unbeschränkten
Eigentum entsprechend) zu haben: Von den großstädtischen spekulativen
Bauunternehmer-n wird jedoch der Kapitalersparnis wegen die Form der
Baupacht Leasehold, ähnlich unserem Erbbaurecht vorgezogen,
auch wenn der Boden als Freehold erhältlich ist.
"Lease" (von dem normännischÄranzösischen laisser : überlassen)
ist im Grundstücksverkehr ein Vertrag, durch dender Grundbesitzer die
Nutzung eines Grundstücks auf eine zeitlich begrenzte Dauer also
nicht endgültig und immerwährend überträgt. Bei der Überlassung
unbebauten Bodens zum Zwecke des Häuserbaues beträgt die Zeitdauer der