Erster
Teil.
angegeben. Die Wohnverhältnisse zeigen die größten Widersprüche.
Auf der einen Seite die Paläste und vornehmen Bauten der oberen
Klassen; auf der anderen Seite die ungünstigsten Wohnungszustände
der mittleren und unteren Bevölkerungsschichten. In dem älteren
republikanischen Rom hatten Eigenhausbesitz und Flachbau die Regel ge-
bildet. Mit dem Anwachsen der Bevölkerung und dem Hinzutreten großer
proletarisierter Volksmassen änderten sich gegen das Ende der Republik
die Verhältnisse gründlich. Die Unterbringung der Zuwachsbevölkerung
erfolgte durch Anwendung der Stockwerkshäufung in Mietswohnungen
und Massenmietshäusern, deren Herstellung eine mächtige Bauspekulation
in die Hand nahm. Die Häuser der Innenstadt schossen rasch und
gewaltig in die Höhe; der Bedarf an Wohngelände wurde in den
zentralen Lagen späterhin noch dadurch gesteigert, daß sich die
kaiserlichen und herrschaftlichen Bauten erheblich ausdehnten und hier-
bei zahlreiche Wohnviertel mit Bürgerhäusern durch Niederlegung be-
seitigt wurden.
Die Gestaltung der Wohnverhaltnisse in Rom, die zweifellos auf
die allgemeine Entwicklung des Städtebaues einen bedeutenden geschicht-
lichen Einfluß gewonnen hat, wird man nicht ausschließlich den boden-
politischen Anschauungen des Altertums zur Last legen können; sie ent-
spricht dem Wohnungswesen. einer in ihrer Hauptmasse proletarisierten
oder wirtschaftlich abhängigen Bevölkerung. Die Wohnweise in anderen
Großstädten des Altertums war zum Teil eine wesentlich verschiedene
von der des kaiserlichen Rom. Ein Vergleich mit der älteren Welt-
stadt der Antike das ist Babylon zeigt bemerkenswerte Gegen-
sätze in den bodenpolitischen Verhältnissen. Babylon hält an der Klein-
teilimg des Bodens fest und läßt den Eigenbesitz an den städtischen
Grundstücken bis in die kleinsten Abspaltungen und Grundstücksteile
zu; In Rom dagegen gelangt der Hansbesitz in die Verfügung einer
ihre Stellung scharf ausnutzenden Minderheit.
Das Grundstück des städtischen Vielwohnungshauses wird als in-
sula bezeichnet; über die Aufteilungsform der insula vgl. Eber-Stadt,
Geschichte des Städtebaues, Bd. I. Die Zahl der insulae in Rom wird
für die spätere Kaiserzeit auf 46602 angegeben, gegenüber 1780 Pa-
trizierhäusern (domus).
Bei der für die Mietswohnungsgrundstücke in Rom seit der Kaiserzeit
allgemein üblichen Stockwerkshäufung bediente man sich zum Aufein-
andersetzen der Stockwerke des Fachwerkbaues. Die der älteren Zeit ent-
stainmenden Baugesetze hatten auf den Stockwerksbau keine Rücksicht zu
nehmen; aus Gründen, die ich, im-Gegensatz zu der seitherigen Auffassung,
im nachbarlichen Baurecht suche, untersagten sie die Mauerverstärkung, die
späterhin bei der Häufung der Geschosse notwendig wurde. Man griff
deshalb zu dem leichten Fachwerksbau, dem man durch Einfügung von
Pfeilern die erforderliche Stütze gab. Weitere baupolizeiliche und