und
Bebauungsplan
Bodenparzellierung.
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Es sei hier erwähnt, daß in Berlin inmitten des Mietskasernengebietes
im Jahre 1904 eine Wohnstraße mit Kleinhäusern entstanden ist, und daß
sie was wohnungspolitisch nicht ganz belanglos ist ihre Anlage
dem sogenannten "Hausbesitzerprivileg" der Städteordnung verdankt. Als
die Sozialdemokratie in der dritten Klasse bei den Gemeindewahlen vor-
drang, ergab sich für sechs neu gewählte Stadtverordnete die Notwen-
digkeit, die Hausbesitzereigenschaft zu erwerben. Ein wohlhabender
Parteigenosse kaufte zu diesem Zweck ein tiefes Grundstück in der
Prinzenallee, bebaute es indes nicht in der üblichen Weise mit einer
Mietskaserne, sondern er legte eine Hofstraße (als Privatstraße) an, die
zu sechs Zweiwohnungshäusern nebst Vorgärten aufgeteilt und den sechs
neuen "Hausbesitzern" überlassen wurde. Ein Vergleich dieser Anlage
mit den unmittelbar angrenzenden Mietskasernen zeigt, daß hier in der
Tat ein wohnungspolitischer Fortschritt erzielt wurde, dessen Verall-
gemeinerung, wie schon die soziale Bodenpolitik einiger rheinisch-west-
fälischen Städte beweist, nicht etwa die Städteordnung, sondern nur das
Berliner Städtebausystem entgegenstand.
Anlegllng
und
Ausstattung
der
Straßen.
A. Verkehrsstraße.
ä 60. Die Kardinalstraßen, durch die die Grundlinien der Stadt-
anlage hergestellt werden (oben S. 37), dienen regelmäßig zugleich als
wichtige Verkehrsstraßen. Auch für die Stadterweiterung bildet das
Gerüst der Verkehrsstraßen den Ausgangspunkt für die Planung der
Geländeaufteilung. Die Anlage der Verkehrsstraße erscheint, wenn wir
den überlieferten Anleitungen folgen, als eine einfache Aufgabe. Die
zu stellenden Anforderungen werden uns allgemein aufgezählt: die Ver-
kehrsstraße verlangt eine hinreichende Breite, genügende Leistungs-
fähigkeit für die Aufnahme und die Unterbringung der Transportmittel,
des Fahrverkehrs und des Fußgängerverkehrs, dauerbare geeignete
Pflasterung und ähnliches. Diese üblichen Anforderungen sind indes"
kaum ausreichend; die Anlegung einer richtigen, befriedigenden Ver-
kehrsstraße gehört vielmehr zu den schwierigen städtebaulichen Aufgaben.
Beobachten wir in dieser Hinsicht einen unserer bestgelungenen
Straßenzüge, der dem Verkehr zudem besonders günstige Voraussetzungen
bietet, die Linden in Berlin. Die Straße hat eine prächtige Mittel-
promenade von ca. 11 m (die Rasenstreifen umgerechnet) und seitliche
Bürgersteige von je 7-7,7O m. Die Mittelpromenade ist (Sonntags
nach Ladenschluß ausgenommen) fast leer; der ganze Strom des Fuß-'
gängerverkehrs schiebt sich auf den Bürgersteigen entlang; die Menschen
drängen sich hier, während sie auf der Mittelpromenade bequem gehen
könnten. Es zeigt sich ferner, daß an den beiden Enden des Straßen-
zuges, an dem Palais des alten Kaisers und am Pariser Platz der Ver-
kehrsstrorn fast plötzlich versiegt und keine gleichwertige Fortsetzung
findet. Ahnliche Verhältnisse zeigen sich in der Tauentzienstraße und
in anderen Zugstraßen, in den mit Schaufenstern und Läden versehenen
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