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absatzweise in der bekannten Art fort und exponierte die einzelnen
Bilder immer während der Ruheperioden des Films. Er gewann
mit diesem seinen „K i n e t 0 g r a p h" als erster Sterblicher Film-
streifen von dem Aussehen, von der Stärke, Breite, Bildanordnung,
Bildgröße und Perforation, wie wir dies heute vom "Normalfilm"
her kennen. Das war Edisons Werk und Verdienst. Aber auf den
Gedanken, diese Filmstreifen zu projizieren, kam er anscheinend
nicht. Zum mindesten nicht für öffentliche Vorführungen. Denn er
baute für seine Filme einen besonders vervollkommneten Betrach-
tungsapparat, das sogenannte „K i n e t o s k o p", in dem der
Zelluloidfilmstreifen über eine Anzahl von Rollen lief, ein oben auf
dem Kasten angebrachtes Betrachtungsfenster passierte und durch
eine schnell rotierende Scheibe mit mehreren Schlitzen dem Auge
nur immer dann in Sekundenbruchteilen sichtbar wurde, wenn eins
der Einzelbilder genau im Betrachtungsrahmen stand. Der Film
lief hierbei nicht absatzweise, sondern gleichmäßig und wurde von
unten her durch eine der heute allgemein bekannten, ebenfalls von
Edison erfundenen elektrischen Glühlampen durchleuchtet. Ein
Elektromotor trieb die Apparatur an, so bald man in einen Schlitz
des Kinetoskops eine Geldmünze geworfen hatte: also ein Apparat
für Schausteller, für Jahrmärkte, der gegen Kasse jeweils einem
einzigen Beschauer den Anblick kleiner, lebender Photographien
bot. In dieser Form war Edisons Betrachtungsapparat längere Zeit
hindurch stark verbreitet; seit 1894 befand er sich auf dem Markt,
fand viel Anerkennung und auch Bewunderung, vermochte sich
jedoch die Herzen der breiten Massen nicht zu erobern, weil die
Kleinheit der Bilder das Gefühl der Wirklichkeit nicht zu wecken
vermochte.
M4 a: i:
Derartige Arbeiten, Versuche und Erfolge trugen jedoch ihren
Wert nicht nur in sich selbst. Sie reizten die Erfinder der ganzen
führenden Kulturwelt, indem sie ihnen Möglichkeiten vor Augen
stellten, die bislang zwar noch nicht verwirklicht waren, die sich
aber greifbar ahnen ließen. Das Interesse für das lebende Bild
Wurde allgemein, das sensationslüsterne Publikum horchte auf: hier
Waren neue, zauberhafte Dinge zu gewärtigen.
Wer begriff als erster das nun noch Notwendige, das letzte Ziel ?
Die Zeit war reif. Nur ein wirklicher Könner, der ebenso über ein
gediegenes physikalisches Wissen, wie über gute technische Hilfs-
mittel, über ein reiches photographisches Können, nicht zuletzt
über hinreichende finanzielle Mittel verfügte, der obendrein eine
gehörige Dosis Genialität zum Erfassen des noch Fehlenden besaß;
Luiz
Der gezeichnete Film.
Walter,