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Als typisches Beispiel für das soeben Gesagte bringen wir auf
einer besonderen Tafel die Gegenüberstellung von Bildern eines
springenden Pferdes mit einem Reiter. Die linke Spalte der Tafel
besteht aus photographischen Momentaufnahmen von Ottomar
A n s c h ü t z , die rechte dagegen aus Zeichnungen, die einem alten
deutschen Bildstreifen für die Wundertrommel entnommen sind
und aus den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts stam-
men. Es wurden jeder Serie mit Sorgfalt diejenigen typischen
Bilder der Sprungbewegung entnommen, die genau einander ent-
sprechen: I. das Pferd im Anlauf, 2. im letzten Augenblick vor
dem Absprung, 3. der Absprung selbst, 4. im Sprung über dem
Hindernis schwebend, 5. kurz vor dem Wiederberühren des Erd-
bodens. Ein aufmerksamer Vergleich beider Reihen, Bild für
Bild, läßt mit aller Deutlichkeit erkennen, mit welch bewegungs-
mechanisch geradezu kindlichen Bildern unsere Väter zufrieden
waren, wie falsch sie die einzelnen Phasen wiedergegeben und
auch gesehen haben z. B. den unmöglichen "Absprung" des
gezeichneten Pferdes, das ohne jede Muskelarbeit ganz von selbst
in die Höhe zu schweben scheint und wie ungeschult ihre
Augen waren, die bei der Betrachtung derartiger Unmöglichkeiten
in der Wundertrommel dennoch ihre volle Befriedigung fanden.
Hier hat die Reihen-Momentphotographie zu einem völligen Wandel
zum naturgemäß Richtigen geführt.
Den Weg zur Entstehung der Kinematographie verfolgend,
dürfen wir nicht an den Arbeiten Edisons vorübergehen, der
als fast einziger der Pioniere keine wissenschaftlichen Zwecke, sondern
rein finanzielle Ziele vor Augen hatte, als er sich auf Anregung von
Muybridge und vor allem von Marey dem lebenden Bilde zuwandte.
Hier tritt zum ersten Male der geniale Techniker auf den Plan, zu-
gleich der beruflich erfindende, smarte amerikanische Geschäfts-
mann. Ihm war klar, daß mit der Chronophotographie Geld zu ver-
dienen sei. Was er schuf, war seiner durchaus würdig, wenn es
auch noch keineswegs der Kinematograph war. Aber wertvolle
Vorarbeit leistete Edison. Ihm verdanken wir den Zelluloidfilm
in den Ausmaßen und mit derjenigen Perforation, wie wir den Film
heute in der ganzen Welt für die Zwecke der Kinematographie ver-
wendenf Eastman-Kodak lieferte ihm das notwendige Material,
Edison gab dem Zelluloidfilm seine bis auf den heutigen Tag end-
gültige Form. Edison schuf zunächst eine Filmaufnahmekamera, die
als modern angesprochen werden darf. Sie schaltete das Bildband