usw.); in einer mit ihr verbundenen Molkereifachschule
und in besonderen Lehrgängen für alle an der Milch-
wirtschaft beteiligten Berufsgruppen, schließlich durch
unmittelbare Beratung der landwirtschaftlichen und Mole
kereibetriebe übermittelt sie die Ergebnisse ihrer Arbeit
der Praxis, mit der sie auch durch den Betrieb einer
großen Versuchs- und Lehrmolkerei und eines eigenen
Versuchsguts in dauernder Fühlung bleibt. Die Anstalt
besitzt auf der Priine 48 einen eigenen großen Bau,
dessen Räume bei der ungeahnt raschen Entwicklung
der Anstalt sehr schnell einer Erweiterung bedurften.
Sie steht in Arbeitsgemeinschaft mit dem Landwirt-
schaftlichen Institut der Universität Kiel und berührt
sich hier auch mit der im Jahre 1925 von Naumburg
nach Kiel verlegten Zweiganstalt der Btiotlo-
gischen Reichsanstalt in Berlint-Dahlem, deren
Arbeiten auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes und der
Pflanzenkrankheiten ein ebenso wichtiges wie entwicke-
lungsfähiges Wirkungsfeld gefunden haben. Auch dieses
Institut hat außerhalb Kiels nicht seinesgleichen.
Von naturwissenschaftlichen Universitätsinstituten ist
für weitere Kreise von Interesse das im Gebäude des
Zoologischen Instituts befindliche, mit diesem verbun-
dene Zoologische Museum (Hegewischstraße 3).
Xllfenn auch seine Bestände aus einer Zeit älterer lVlue
seumstechnik stammen, so sind sie doch so zahlreich
und wertvoll, daß neuerdings eine umfassende Reorga-
nisation in Angriff genommen werden konnte, um die
für Fachmänner, Laien und Schulen gleich lehrreichen
Sammlungen besser zur Geltung zu bringen. Von be-
sonderem Interesse sind eine Sonderausstellung der
eigentümlichen Fauna der Kieler Bucht, eine große,
zahlreiche Typenexemplare umfassende Insektensamme
lung, zu der in neuester Zeit eine kostbare und umfang-
reiche Schmetterlimgsammlung" trat, eine schöne Samm-
lung von Paradiesvögeln u. dergl. Einzelne andere
Stücke des Museums sind von nicht abzuschätzendem
Wert, da sie außerhalb Kiels überhaupt nur noch in
einem oder zwei Stücken vorhanden sind, so ein Skelett
des Solitär u. a. m.
Aus den Beständen der Schausammlung des mit dem
Mineralogischen Institut vereinigten lVlineralogi-
schen Museums (Schwanenweg 20a) seien als all-
gemein interessierend nur genannt eine sehenswerte
Ausstellung von Gesteinstufen der deutschen Salzlager
und eine in diesem Umfang seltene Sammlung der Mi-
neralien des sächsischen Erzgebirges. l-Ieimatliche Pro-
b'eme zum Gegenstand hat die Sammlung des
Geologischen Instituts in ihren Abteilungen
für die in Schleswig-Holstein auftretenden Geschiebe
und für die eiszeitliche und nacheiszeitliche Tierwelt der
Nord" und Ostsee und ihrer Küstenländer.
Von den Kieler medizinischen Instituten greift das
Anthropologische Institut (Hegewischstraße)
über den Rahmen der bei medizinischen Fakultäten sonst
gewohnten Veranstaltungen hinaus. Es enthält eine
rasch wachsende Sammlung wissenschaftlich bedeuten"
der Objekte, die es neuerdings besonders aus Funden
in der Provinz gewinnt und die seine Arbeit bis in die
Vorgeschichte dieses als Völkerstraße so wichtigen Lau-
des führen. Aber auch den Aufgaben der modernen
Rassenhygiene und Familienforschung widmet es seine
Arbeit und so dient es in Verbindung mit der gleich-
gerichteten Arbeit von Vereinen und getragen von dem
steigenden Interesse des Publikums auch unmittelbar
Problemen erheblicher beivölkerungspolitischer Tragweite.
Beispiele sollten diese kurzen Bemerkungen bringen und
nur mit dieser Beschränkung möchten sie gewertet sein.
Aber schon sie dürften genügen, die Sage von der
Kulturlosigkeit unseres l-leimatlandes zu zerstören. Auf
sicherem kulturellem Boden stehend wächst Kiel in an-
gespannter geistiger Arbeit neuen Zielen zu.
b) Kiels geistiges Leben
Von DnWilliam Freiherr von Schröder
I.
Der Schicksalschlag des unglücklichen Kriegsaus-
ganges hatte Kiels rapide, im Tempo fast amerika-
nische Entwicklung jäh unterbunden. Das gesamte Er-
werbs- und Wirtschaftsleben, welches bis dahin ganz
auf die Bedürfnisse der Marine eingestellt war, schien
brach-gelegt und jäh vernichtet. Gründungen auf lange
Sicht hatten ihren Zweck verloren, Werkstätten wunden
geschlossen und Werften ruhten. Schon prophezeiten
manche voreiligen Klüglinge, daß Kiels Bedeutung der
Vergangenheit angehöre, dlaß diie Situation ausw-eglos
Sei, um so mehr, als dieser plötzliche Zusammenbruch
sich auch im Geistesleben der Stadt empfindlich bee
merkbar machte. Der Weiterbestand mancher Four-
schungswerkstätten, die Existenz zahlreicher Kulturinstia
tute schien bedroht, denn Staat und Ministerien waren
außerstande, ausreichende Hilfe zu gewähren. Je mehr
man auf die Inflation zusteuerte, desto kritischer tm-d
bedrohlicher schien die Situation.
Wo aber die Notlage am dringlichsten ist, da werden
auch die rettenden Energien entfaltet, da wachsen die
schöpferischen Potenzen. Stadtverwaltung und
Kaufmannschaft erkannten mit zielbewußtem
Weitblick, daß in einer Umstellung der Wirtschaft auf
die Bedürfnisse vorn Handel, Schiffahrt und Verkehr die
Möglichkeit zu neuem Aufschwung gegeben sei. Der
Forderung des Tag-es und des Gebots der Stunde be-
wußt, beseelt von dem verantwortungsvoll starken W'H-
len der Selbsterhaltung, haben diese maßgebenden Körp-
perschaften die Richtung erkannt, in der die Gewähr
zu neuer Entfaltung liegt, haben durch die Tat erwiesen,
daß Kiel keine tote Stadt sei. Die Schaffung des Frei-
hafens, die Einrichtung neuer Schiffslinien nach dem
Ausland, die Anbahnung des Handelsverkehrs und auch
die „Nordische Messe" waren Zeugnisse und Zeichen
rührigen "Hanse-atengeisttes", bauender und gestaltender