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VII.
übrigen Forstnebennutzungen.
Die
so wird in der badischen Rheinebene, in der diese Nutzung besonders
stark betrieben wird, angenommen, daß bei guter Bestockung auf dem
Hektar ungefähr 500 kg Seegras stehen. Das Erträgnis kann aber unter
besonders günstigen Verhältnissen bis auf 1000 und 1200 kg je Hektar
ansteigen. 150 kg trockenes Seegras geben 125 kg gesponnene Ware.
Um 1 a. abzuernten braucht man
mit Rupfen 4 Stunden,
„ Sicheln 2 „
„ Mähen 22 Minuten.
In Schwaben ergab 1 a im Durchschnitt
beim Rupfen 125 Pfund,
„ Sicheln und Mähen nur 96 Pfund.
Ein Arbeiter gewinnt in 10 Stunden l Zentner einschl. Heuwenden.
In Wettbewerb mit dem Seegras treten eine Reihe ausländischer Stoffe, besonders
grain d'Afrique, die Fasern der Blätter der Zwergpalme (Chamaerops humilis), ferner
Kapock, eine indische Pllanzenwolle (Bombax des Alva, die getrockneten Blätter
von Zostera. marina.
Die in feuchten Waldungen wachsende, gewöhnlich im September reifende
Agrostis caespitosa dient ebenfalls als Polstermöbel. Als "Waldwelle" wird ein
lockeres, filziges Gewebe beschrieben, das aus den grünen Nadeln frisch gefällter
Föhren durch Mazeration der Gefäßbündel bereitet wird und als Ersatz für Baum-
wolle und Seegras dient.
Binsen,
Schilf
und
Schachtelhalm.
Die Binsen finden ihre hauptsächlichste Verwendung gegenwärtig zur
Herstellung von Hüllen, die zur Verpackung der feineren Flaschenweine
dienen; Schilf zum Eindecken der Dächer von Torfhütten u. dgL, als Schutz-
matten im Plianzgarten, Blumen- und Obstgarten. Der Schachtelhalm ist
ein bekanntes Putz- und Glättmittel für Schreinerware, Gläser, Zinnteller,
Krüge usw. und fand ziemlichen Absatz nach den südeuropäischen Ländern,
besonders nach Griechenland, der Türkei, auch nach Ungarn.
F aserpflanzen.
Der Mangel an Gespinstfaserstoffen im Krieg hat die schon im Alter-
tum bekannte und auch in Deutschland sehr alte, aber fast in Vergessen-
heit geratene Nutzung der Brennessel wieder aufleben lassen. Die
Bastfasern beider Brennesselarten sind zu Geweben (Nesseltuch), Seilen
und Spitzen sehr gut brauchbar, doch verlohnt sich die Gewinnung nur
bei Urtica dioico, der größeren Art, die auf Komposthaufen und stickstoff-
reichen humosen W aldböden oft in Menge wächst.
Nach der im Krieg überall verbreiteten amtlichen Anweisung 1) ist
beim Einsammeln so zu verfahren:
Nach der Blüte, also von Juni ab, werden mit behandschuhter Hand
die mindestens V2 m langen Pflanzen mit Sense, Sichel oder Messer dicht
über dem Boden abgeschnitten und sogleich durch vorsichtiges Ausbreiten
1) HJGerhards,
Verlag Heuser.
Der
deutsche
Wald
und
seine reiche
Ernte.
Neuwied
1918.