Stadtilm.
PAULINZELLE.
Eine Restauration der Westfront der Kirche mit dem Portal ging damit Hand in
Hand; sie ist datirt durch eine in der innersten Abstufung des Portalbogens nach
Süden zu mit rother Farbe aufgemalte Inschrift: M .D.Ib'80. Auch diese kleine
Kirche wurde wieder verlassen und verfiel. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts dachte
man sogar ernstlich daran, die ganze Kirche abzubrechen, um die Steine für einen
Kirchenbau in Rudolstadt zu gewinnen. Doch lenkte sich mit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts die Pietät und Aufmerksamkeit wieder dem ehrwürdigen Bau zu.
1752 wurden einige Vorkehrungen gegen das zu starke Herabfallen der Steine ge-
treffen. 1806 wurde der evangelische Einbau beseitigt und somit das Werk der
Reinigung und Erhaltung begonnen. Seitdem geschah zu den verschiedensten Zeiten
hie und da etwas zur Erhaltung des Bestehenden und zum Ersatz des Verfallenen.
Daher die viele, kleine und verschiedenartige, zum Theil bedauerliche Restaurations-
thatigkeit, die man bei näherer Prüfung der Einzelheiten findet. Unter den jähr-
lichen Reparaturen heben sich drei bedeutendere heraus, eine aus der Zeit um
1850 in "der damaligen schüchternen und äusserlichen Auffassung romanischer
Formen und Profile, wobei jedoch immerhin Säulen gestützt und schadhafte Theile
ersetzt wurden, eine um 1866 (Beseitigung der wurzelschlagenden Bäume und
Sträucher, Abdeckung der Mauer-Oberflächen mit Schieferplatten) und dann nach der
sehr dankenswerthen Freilegung der sämmtlichen Chor-Fundamente und der meisten
Klostergebäude-Fundamente 1874 (die dann wieder zum Theil zugeschüttet wurden)
ein sehr Sachverständiger Erhaltungs-Bau 1877 unter dem damaligen Baurath
durch welchen namentlich die südliche Mittelschiff-Wand abgenommen, neu aufge-
mauert und durch eiserne Seile gegen Winddruck gesichert, auch das Westportal mit
Sorgfalt abgetragen und mit Ersatz des Beschädigten wieder aufgemauert wurde.
Grundriss-Anlage und Aufbau der Kirche sind trotz ihres Verfalls klar und über-
sichtlich, auch ist die Kirche nebst derjenigen zu Thalbürgel verhaltnissmässig am
meisten unter den romanischen Bauten Thüringens bekannt. Wir haben uns eine
kreuzförmige Säulen-Basilika zu denken. Bezüglich der Maasse (welche aus dem
beigefügten Grundrisse hervorgehen) sei bemerkt, dass bei Puttrich und in Folge
dessen bei allen späteren, auf seinen Plan fussenden Grundriss-Veröffentlichungen
die Zeichnung unrichtig ist, z. B. Chor und Langhaus in Länge und Breite jedes-
mal um etwa 2 m zu gross gezeichnet sind; dass der hier beigegebene in manchen
Punkten auch genauer ist, als die von B recht in der deutschen Bauzeitung veröffent-
lichten. Die Höhe des Mittelschiffes (28,25 bis zum Balken-Anfang) verhielt sich zur
Breite ungefähr wie 2: 1, ein sehr kühnes, schlankes Verhältniss. Auf den beiden
lang-rechteckigen Seitenschitfen des Langhauses haben wir uns über dessen ersten
östlichen Jochen quadratische und zwar über den Seitenschiif-Dächern aufsteigende
Thürme zu denken, ebenso zwei grössere Thürme am westlichen Schluss der
Vorkirche rechts und links. Die reichste bauliche Gesammtgliederting hatte der
Osttheil; es war dies eine Auszeichnung der Benedictinerbauten (s. unten S. 144).
Durch_'_die Weiterführung der Langhaus-Schiffe durch das Querhaus und den "Chor,
welche auf zahlreiche Geistlichkeit berechnet war, und durch die fünf Halbkreis-
Schlüsse (Apsiden) vor den drei Chorschiffen und den beiden heraustretenden
Querhaus-Flügeln, welche alle nach Osten gerichtet sind, muss diese Seite