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Coßune,
Das
Rathhaus.
Coburg.
oberen Stockwerk die Eröffnung des Hofgerichts. Der Anstrich von 1599 wurde
1682, dann 1807 erneuert; 1682 verknüpfte sich hiermit nach aussen und innen
eine Ausschmückung mit lateinischen und deutschen Versen. Nächst weiterem
Ausbau und Reparaturen in den 1750er Jahren fand eine ausgedehnte Restaurirung
seit 1901 statt; sie hat gegenwärtig (1904) im Wesentlichen als abgeschlossen zu
gelten. Gruner I, S. 130-131. Hönn I, S. 233 ff. Karche I, S. 36-37. 102. 342.
Lindner, Ans. von Coburg am Ende d. 18. Jahrh., 1877 gefertigt und im Rathhaus verwahrt,
mit erklärenden Angaben. Dr. Krieg.
Beschreibung des Bauwerks. Das Rathhaus steht jetzt in künst-
lerischer Beziehung hinter den alten Rathhäusern anderer thüringischer Städte
bescheiden zurück. Das Aeussere mit den beiden flachen, wenig ausdrucksvollen
Roccocofassaden nimmt sich in der vielgestaltigen Renaissancearchitektur der
Stadt Coburg recht nüchtern aus. Nur der schöne Erker an der Ecke (siehe
die Abbildung auf S. 243) und ein mächtiges, aus Renaissance-Quadern auf-
gebautes Seitenportal in der Ketschengasse lassen uns an dem Aeusseren dieses
Gebäildes ahnen, dass unter der gleichförmigen Roccocofassade eine reiche und
stolze Monumentalarchitektur des 16. Jahrhunderts verdeckt und verschwunden ist.
Der Kupferstich von Peter Ysselburg aus dem Jahre 1626 lässt nur die hohen
Dächer, den Dachreiter und die zierliche Schweifkuppel, welche den Treppenthurm
bekrönt, erkennen. Auch im Innern des Rathhauses sind von diesem Renaissance-
bau noch einige sehr stattliche Theile erhalten. S0 der aus Sandstein-Quadern
erbaute Treppenthurm im Hofe und vor allen Dingen der aussergewöhnlich grosse,
schöne Saal im obersten Geschoss, welcher die ganze Länge der Ketschengassen-
front einnimmt. Dieser Raum gehörte ehemals zu den grössten Sälen der älteren
Profanarchitektur Deutschlands. Der Saal ist in seiner schön geschnitzten Balken-
decke fast vollständig erhalten, doch traurig entstellt von nachgeborenen Ge-
schlechtern, die sich in diesem ehemals so imposanten Raume mit ihren kleinen
Stuben eingeschachtelt haben. Aus diesen Spuren der alten Zeit wird es wahr-
scheinlich, dass Coburg am Ende des 16. Jahrhunderts ein Rathhaus besessen
hat, welches sich den schönsten thüringischen Rathhäusern zu Gotha, Altenburg,
Gera, Neustadt an der Orla, Pössneck und Saalfeld an die Seite stellen konnte.
Nachrichten über die beiden langen Hauptfronten am Marktplatz und an der
Ketschengasse sind nicht erhalten. Vermuthlich kam hier, ähnlich wie in den bald
darauf entstandenen Bauten Herzog Johann Kasimirs (dem ehemaligen Regierungs-
gebäilde und dem Gymnasium), auch die alte Farbenfreude der Coburger Archi-
tektur zum Ausdruck. Hier auf dem Marktplatz, wo Herzog Johann Kasimir zur
Belustigung der ganzen Stadt mit grossem Aufwand seine berühmten Thierhetzen
veranstaltete, ist wohl auch die Bürgerschaft bestrebt gewesen, dem Aeusseren
ihres Rathhauses ein Vollendetes künstlerisches Gepräge zu geben. Noch bei
einem neuen Anstrich im Jahre 1682 wurden lateinische und deutsche Verse als
Schmuck auf die Frontmauern des Rathhauses gemalt ein Zeichen, wie leb-
haft selbst damals noch, in den längst farblos gewordenen Zeiten der deutschen
Barockarchitektur, die Vorliebe für malerischen Schmuck in der Coburger Bau-
kunst herrschte.
Die jetzt den
Marktplatz ist
ganzen Eindruck des Rathhauses beherrschende Roccocofassade
in den Jahren 1750 und 1751 entstanden. Die Ornamente sind