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Im Flügelausbau befindet sich unter diesem Geschoss nochmals ein volles
Geschoss, welches früher die Thorwart-Wohnung enthielt. Und endlich befinden
sich auch hierunter noch Kellerräume. Diese letzteren Kellerräume bilden somit
das 4. Geschoss unter der Bodenhöhe des Burghofes.
Von dem Burghof aus durch die Wendeltreppe um 16 Stufen aufwärts steigend,
gelangt man in das Haupt- und Wohngeschoss, enthaltend die fürstlichen
Gemächer. Darauf folgt noch ein Obergeschoss mit grossem Festsaal,
Vorsaal und einer Anzahl Fremdenzimmern. Auch darüber im Dachraum war
ehedem noch ein ausgebautes Geschoss, dessen Hauptzimmer als „R äthestube"
und „Canzlisten stube" bezeichnet worden sind.
In dem Hauptgeschoss betritt man von der Wendeltreppe aus zunächst
das Vor gemach, früher Rittersaal. Hier fällt sogleich ein Kamin ins Auge,
welcher reiche Meisselarbeit aufweist. Derselbe ruht auf zwei phantastischen Figuren
in fast barocker Auffassung. Die Figuren zeigen eine aus einer Tatze und einem
faltigen Untertheil sich entwickelnde Frauengestalt mit stark hervorgebogenem Leib,
mit Muscheln statt der Arme und mit ionischem Capitell auf dem Kopfe. In dem
hohen Fries des aufruhenden Gesimses kommt eine Jagd auf Wasservögel in waldiger
F lusslandschaft zur Darstellung. Die Wände des Vorgemachs sind reich mit Waffen
und Rüstungen ausgestattet (viele Rüstungen stammen aus der Stadt Pössneck).
Ein altdeutscher, farbiger Kachelofen (von Fleischmann-Nürnberg) belebt den Raum.
Vom Vorgemach gelangt man dem Eingang gegenüber in das Audienz-
zimmer, früher Tafelstube. Ueber der Thür, die man durchschreitet, treten in
Medaillonform aus den Bogenzwickeln Büsten in zeitgenössischer Tracht
hervor (s. die Abbild. 19). Diese Figuren sollen Johann Friedrich den Mittleren
und seinen Freund, den Ritter Wilhelm von Grumbach, darstellen. Keiner der
Köpfe hat jedoch Aehnlichkeit mit dem aus einem guten Holzschnitt des fürstlichen
Hofmalers Peter Roddelstet bekannten Ritter Grumbach, oder gar mit dem aus
vielen Abbildungen bekannten Herzog-Kurfürsten Johann Friedrich dem Mittleren.
Die Thüren mit derartigen Büsten zu schmücken, wiederholt sich noch öfter in
diesem Schlosse, ebenso wie bei anderen Bauten des Baumeisters Gromann. Die
Thüren sind zumeist rundbogig, haben Steinfassung, die mit Schräge, Kehle und
einem Rundstab, letzterer in eine Abstufung gelegt, profilirt sind. Die Thüren sind
häufig durch Dreieck bekrönt, dessen Innenfeld aufgerolltes Bandwerk u. dergl.
schmückt. Wo die Thüren reichere Ausbildung erhalten haben, wie im Audienz-
zimmer, ruht der Thürbogen auf Pfeilern, die, wie der Bogen selbst, mit Halb-
kugeln, eingelegtem Rundstab und vertieften Feldern verziert sind.
Von dem Vorgemach aus nach links gehend, oder durch einen schrägen Ver-
bindungsgang vom Ausdienzzimmer aus gelangt man "in die Flucht der nach Osten
liegenden, zweiseitig von Fensterwänden begrenzten Zimmer. Zunächst nach
früherer Bezeichnung kommt man in das "Fürstengemach" mit Herren-
erker, jetzt Wohn- und Speisezimmer. Hier befindet sich wiederum ein grosses,
offenes Kamin (s. die Abbild. 20). Dasselbe hat als Einfassung zu beiden Seiten
je eine aufgerichtete, unten und oben volutirte Console, vor derselben, durch
Klammern festgehalten, in seltsamer Auffassung je einen bärtigen Mann mit behaarten
Oberschenkeln. Die Hände desselben fassen in die Oonsole. Auf dem Kopf liegt
ein Kissen, darauf ruht der Oberbau des Kamins. Der Fries des Gesimses zeigt