Vorbemerkung.
Während der Arbeiten an der Beschreibung der Bau- und Kunstdenkmaler des
Bezirkes Wasungen hat die thüringische Geschichtsforschung einen schweren Ver-
lust durch den Tod eines ihrer arbeitsfreudigsten Mitarbeiter, des Prof. Dr. Lu dwig
Hertel in Hildburghausen, erlitten. Seine letzten wissenschaftlichen Arbeiten
waren die geschichtlichen Abschnitte in dem vorliegenden Werke. Noch kurz vor
seinem Tode hat Ludwig Hertel an den Correcturen dieser Capitel gearbeitet.
Am 19. April dieses Jahres hat der Tod den allzeit von innigster Liebe zu seiner
thüringischen Heimath erfüllten Forscher aus dem Leben abgerufen.
Ludwig Hertel wurde im Jahre 1859 in Grafenthal geboren. Sein Vater
siedelte bald darauf nach Salzun gen über, wo er das Amt des Bürgermeisters
bekleidete. Der Knabe besuchte zuerst die Stadtschule zu Salzungen, dann das
Gymnasium zu Meinin gen. Auf den Universitäten zu Leipzig, München und
Strassburg studirte Hertel klassische Philologie und Germanistik. Seine erste
wissenschaftliche Arbeit war einem Gebiete der thüringischen Heimathskunde ge-
widmet. Es war seine Doctordissertation über die Salzunger Mundart. Nach
mehrjähriger Lehrthatigkeit in Strassburg i. E., Schlettstadt, Florenz, Neuruppin
und Greiz wurde Hertel 1896 nach Hildburghausen als Oberlehrer an das
Gymnasium berufen. Dort ist er nach llljahrigeic Thatigkeit nach langer Krankheit
einem Aneurysma erlegen.
Auf dem Gebiete der thüringischen Heimathskunde hat Hertel eine un-
gewöhnlich fruchtbare Thatigkeit entfaltet. Er war der Hauptarbeiter an der
„Neuen Landeskunde des Herzogthums Sachsen-Meiningen". Ein
Lieblingsgebiet seiner Studien war der Rennsteig, für dessen wissenschaftliche
Erforschung seine und Prof. Dr. Bührings Arbeiten bahnbrechend gewesen sind.
Hertel begründete den Rennsteigverein, der für die Erforschung des Renn-
steiges sehr Erfreuliches geleistet hat. Der Rennsteigführer von Hertel
und Bühring erscheint soeben in 2. Auflage. Ueber die Rennsteige auf
deutschem Sprachgebiet hat H ert el eine Abhandlung in einem Programm des Gym-
nasiums zu Hildburghausen veröffentlicht. Unter seinen Arbeiten auf dem Gebiete
der thüringischen Dialektforschung sind hervorzuheben das Thüringer Wörter-
buch und die Beitrage in Regels Thüringen". Hertel war Mitglied des
Vorstandes des Vereins für Meiningische Geschichte und Landeskunde sowie des
ldiüringerwaldvereins. Sein poetischer Sinn kam in einer Anzahl thüringischer
Balladen zum Ausdruck, von denen einige in den letzten Jahrgängen des von
dem Unterzeichneten herausgegebenen „Thüringer Kalenders" erschienen sind.
Hertels umfangreichste poetische Arbeit ist die Uebertragung der Aeneis Virgils