MEININGEN,
Das
herzogliche
Schloss.
Meiningen.
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Das roth e Zim m er in der dritten Galerie, mit korinthischen Pilastern aus weiss-
gestrichenem Holz, mit weiter, halbrunder Nische. (Lichtdruck nach S. 144.) Aus der
Zeit um das Jahr 1830. Charakteristisch für die damaligen Versuche, Möbel in an-
tikem Stil zu schaffen, sind das grosse halbrunde Sofa und ein Sofa ohne Rücklehne
nach Art des Ruhebettes einer Dame der römischen Kaiserzeit. Alle Möbel
aus Mahagoni. Auf dem Spiegelconsol zwei Leuchter, bestehend aus einer Victoria
auf einer merkwürdig gedrungenen Säule. Gut ciselirte, vergoldete Bronze aus
den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Reiche Lüsterkrone aus Bronze.
Die an das rothe Zimmer anstossenden Räume der dritten Galerie, das ehe-
malige gelbe und das blaue Zimmer waren bis 1908 mit ähnlichen classi-
cistischen Ornamenten ausgestattet. Auch die Möbel des ehemaligen gelben
Zimmers gehören diesem Stil an. (Abbildung auf S. 155.) Drei ernst und edel
gezeichnete Consoltische mit Marmor-platten, die Holzschnitzerei vollständig ver-
goldet. Auf dem Fussbrett eines dieser Tische stand eine 57 cm hohe chine-
sische blaue Deckelvase aus Porzellan mit gut gezeichneten Figuren. Zwei
sehr gut ciselirte Bronzeleuchter, vergoldet, mit je einer Victoria, welche die
Arme für die Kerzen trägt. Vase der Berliner Porzellanmanufactur,
mit reicher Vergoldung und zwei grossen Gemälden: Palais Kaiser Wilhelms I.
und Schloss Babelsberg, gemalt um 1860. Diese Gemälde in goldenem Rahmen auf
lapis-lazuli-farbigem Grunde. Die Ausführung gehört zu den besten Erzeugnissen
der Berliner Manufactur aus dieser Periode. Höhe 0,80 m.
Der Marmorsaal hatte bis zum Jahre 1907 eine Wandbekleidung in den
Formen des römischen Stils. Die Wände waren durch wenige flache Pilaster be-
lebt. Die sehr schlichte, llache Decke hatte nur dieselbe Höhe wie die übrigen
Räume dieses Geschosses. Für den grossen Saal wirkte dies gedrückt. Der Saal
wurde im Jahre 1908 durch Hofbaumeister Behlert umgebaut. An Stelle der
flachen Decke wurde ein grosses Tonnengewölbe ausgeführt. Dadurch wurde der
Raum wesentlich erhöht. Das Tonnengewölbe hat einen Querschnitt von der Form
eines Korbbogens. Die Wände an beiden Schmalseiten sind nach den beiden an-
grenzenden Zimmern zu durch Säulenstellungen geöffnet.
Auch diese beiden Zimmer haben 1908 durch Behlert eine vollständig neue
architektonische Ausstattung erhalten.
Schlosskirche.
Die Schlosskirche nimmt mit der Herzogsloge die beiden unteren Geschosse
des südlichen Sehlossiiügels ein. Die innere Ausschmückung stammt aus zwei ver-
schiedenen Perioden. In der Zeit der Erbauung der Elisabethenburg 1682ä1692 sind
im Barockstil ausgeführt: die Herzogsloge, die Decke des Kirchenraums, die
Orgelempore und die in zwei Geschossen aufgeführten Emporen für die Gemeinde,
sowie die Kanzel und der H aupttheil der geschnitzten Altar-Schranken. Aus der Zeit
des Roccocostils stammt der Altar mit der reichen Säulenarchitektur, welche
den Hintergrund des Altars bildet, und das 'l'aufgestell.
Das beste Stück der Barockausstattung ist die Kanzel. Sie ruht auf einem
überlebensgrossen, aus Holz geschnitzten Engel. Die im Sechseck frei vortretende
Kanzelbrüstung ist an den Ecken mit korinthischen Säulen besetzt, zwischen den