Geschichte
Stadt
Meiningen.
Meiningen.
Vorhut der bayrischen Division v. Zoller ein; sie zerstörten die Telegraphen-
leitungen nach Norden und nahmen beim sogenannten W asunger Thor die Schienen
des Bahnkörpers weg. Ihnen folgte am 28. und 29. Juni die ganze bayrische
Armee mit dem Oberbefehlshaber, Feldmarschall Prinz Karl von
Bayern, an der Spitze, der hier sein Hauptquartierf) aufschlug. Die Stadt
War angefüllt mit Soldaten aller Waffengattungen, und in den einzelnen
Hausern wusste man nicht, wie man die Leute unterbringen sollte, die ärmsten
Bürger wurden nicht verschont, die Stadtkirche, alle Schulen und die sonstigen
öffentlichen Gebäude wurden mit Mannschaften belegt. Am 2. Juli Abends
war die Stadt von Truppen verlassen. In endlosen Zügen bewegten sie sich
auf beiden Seiten der Werra nach Norden zu fort. Am 3. Juli verbreitete
sich in der Stadt das Gerücht von einem Zusammenstoss der Bayern mit den
Preussen. Aengstlich sammelten sich die Bewohner auf den Strassen, weil man
fürchtete, die geschlagenen Bayern würden ihren Rückzug über Meiningen nehmen.
Aber es kam bald die Nachricht, die Bayern seien nach Westen abmarschiert und
auf dem Rückzug nach der Rhön. Wenige Stunden später langten Sanitatswagen
mit bei Immelborn Verwundeten an, die alsbald dem Georgenkrankenhause zu-
geführt wurden (Oberst Aldosser). Am folgenden Tage, dem 4. Juli, hallte dumpfer
Kanonendonner über das Werrathal, besonders auf der unteren Brücke konnte
man deutlich das Dröhnen des Geschützfeuers und das Knattern der Gewehrsalven
vernehmen: bei Rossdorf wurde ein blutiges Gefecht geliefert. Zahlreiche Ver-
wundete der beiden kriegführenden Parteien kamen in den nächsten Tagen hier
an und wurden im Krankenhaus oder im Hospital Griminenthal, das in aller Eile
zu einem Lazareth umgeschaffen worden war, untergebracht.
Das Kriegsglück hatte in dem Feldzug gegen Süddeutschland entschieden, die
preussischen Waffen hatten den Sieg davongetragen. Da Herzog Bernhard in der
Bundestagssitzung vom 14. Juni für den österreichischen Mobilisirungsantrag gegen
Preussen hatte stimmen lassen, besetzten preussische Truppen zunächst die Graf-
schaft Camburg, und als, der Herzog auch während der Friedensverhandlungen dem
Beitritt zum Norddeutschen Bundeiwiderstrebte, rückten am 19. September zwei
Bataillone des 13. westfälischen Infanterieregiments in die Residenz
ein, um das Land vorläufig zu besetzenw). Um seinem Lande „schwere Opfer
zu ersparen", brachte der Herzog selbst das schwerste Opfer des Rücktritts: am
20. September dankte er zu Gunsten seines Sohnes Georg ab, der
dann am 8. October mit Preussen Frieden schloss. Herzog Bernhard trug die
unfreiwillige Zurückgezogenheit in würdiger Ruhe. Er bezog im September 1868
das Palais in der Bernhardstrasse und bewohnte es bis zu seinem Tode. Tief
betranert von seiner Gemahlin, die ihn noch 5 Jahre überlebte, seiner fürstlichen
Familie wie vom ganzen Lande, schied er am 3. December 1882 aus dieser Zeit-
lichkeit und wurde am 8. December in der von ihm erbauten Fürstengruft bei-
gesetzt wü).
Im Hauptquartier war u. a. anwesend Prinz Otto von Bayern, damals Hauptmann im In-
fanterie-Leibregilnent der jetzige König von Bayern.
vk) Vgl. F. v. T(aboui11ot), Die Dreizehner in Feindesland, Münster 1866.
"Ü Vgl. W. Germann, Bernhard Erich Freund, Herzog von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen,
Festschrift zur Sälcularieier seines Geburtstages, Leipzig 1900. (2 Allg. Deutsche Biographie, Bernhard II.)