108 NEUSTADT a. 0., Schloss. Neustadt a. O. 108
Das südlich gelegene Hintergebäude, das eigentliche SGIIIOSS, wurde wohl
bald nach 1674 vom Herzog Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz gebaut und später
von seinem Bruder Friedrich Heinrich (der bis dahin in Pegau residirt hatte), be-
wohnt (T1713). Auch nach dem Tode der fürstlichen Brüder und der Wittwe
Friedrich Heinrichs, Anna Friederike Philippine, T 1748 (s. gesch. Einl. S. 3), und
dem Rückfall des Staatsgebietes an Kursachsen wurde das Schloss noch von fürst-
lichen Personen benutzt; auch ferner daran im Innern eingerichtet, wie die Jahres-
zahlen der Oefen zeigen. Es wurde dann von dem kursächsischen Generallieutenant
Christian v. Schwarzburg-Sondershausen (T 1749, jüngstem Sohn des Fürsten
Christian Wihelm I.) bewohnt, sowie auch von seinen Töchtern Güntherine Albertine
und Josepha Eberhardine Wilhelmine (welche sich hier 1752 mit G. A. v. Erbach-
Fürstenau vermählte, und vor und nach 1763 hier weilte), von ersterer bis zu ihrem
Tode 1794, auch nochmals 1789 reparirt (Angabe der Reparatur an dem weslichen
Eingangs-Thor zum Hof).
Der Schlossbau macht einen im Verhältniss gediegenen Eindruck. Er ist
dreigeschossig, hat rechteckige Fenster mit Ohren und unten links eine rechteckige
Thür, in der Mitte ein Rundbogen-Portal mit Rustica-Quadern. Durch das Portal
betritt man den fiachgedeckten Flur. Rechts ist hier das Treppenhaus, ein ganz
gefälliger Bau, durch eine Wand abgeschlossen, in zwei Rundbögen geöffnet und mit
Kreuzgewölben gedeckt; ebenso hat der sich anschliessende Hausgang schlichte
Kreuzgewölbe. Geradeaus gelangt man vom Flur jetzt in das Zimmer des Ober-
amtsrichters; doch ist die hier abschliessende Wand mit der Thür, wie man sieht,
neu, und zwar die Zumauerung einer einstigen, grossen Flachbogen-Oeffnung,
deren Einfassung auf Pfeilern erkennbar ist. Die Durchfahrt ging hier ursprüng-
lich weiter, durch die Mitte des Erdgeschosses. An der südlichen Aussenfront lässt
sich das einstige Aussenportal mit Rustica-Quaderung seiner Einfassung deutlich er-
kennen; es ist durch eine Wand mit Fenster zugesetzt. Das Oberamtsrichter-Zimmer
(also der Südtheil der früheren Durchfahrt) hat zwei rippenlose, aus den Wänden
wachsende Kreuzgewölbe. Der westlich davon belegene Raum (jetzt Vorzimmer
des Oberamtsrichters) hat vier rippenlose Kreuz- gewölbe, welche aus den
Wänden und auf einem Mittelpfeiler vom Querschnitt: W mit hübschem Oapitell
aufsteigen. Die übrigen Räume des Erdgeschosses sind einfach.
Im 1. Obergeschoss, der Grossherzoglichen Wohnung, haben manche Thüren
von der Einrichtungszeit her rechteckige Form mit Ohren. Im Vorzimmer ein
Ofen, unten Gussplatten mit einem Reiter, der Jahreszahl: 172.9,
(Fridericus Augustus rex Poloniae, dux elector Saxoniae), sowie dem springenden
Pferd unter der aus Wolken einen Kranz reichenden Hand, im Wohnzimmer
daneben eine überweisste Stuckdecke mit Mittelfeld-Motiv: 4: ; in einem anderen
Zimmer ein Ofen, unten Gussplatten mit einem Löwen, 1732, sowie dem
springenden Pferd, wie am anderen Ofen, als Aufsatz eine recht gute, mit der
Hand nachgearbeitete, aber später öfter dick überweisste Gips-Figur der Hygiea
aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts; in einem Zimmer ein Ofen, unten
Gussplatten mit Kelchgehängen, als Aufsatz eine der vorigen entsprechende, aber
minder gute Gips-Figur der Flora; in einem Zimmer eine etwas verzierte Kamin-
Nische.