Das
Landgrafenhaus.
Wartblu-g.
tells. Die Kirche in Altamura ist in der Zeit Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen
entstanden. Das schöne Capitell kann daher weder für Schwarz-Rheindorf noch für
die Wartburg zum Vorbild gedient haben. Auch ein italienisches Capitell im
Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin ist an dentEcken mit kleinen Adlern be-
setzt, die den Kopf tief herab beugen. Doch hier ist die künstlerische Composition
wesentlich anders als an den Adlercapitellen der Wartburg. Abbildung S. 177.
An französischen ("apitellen sind die Adler mit dem herabgebeugten Kopf
nur in ein paar vereinzelten Fällen und in ganz anderer Weise als auf der Wart-
burg dargestellt. Das künstlerische Motiv scheint den Meistern der romanischen
Kunst in Frankreich fremd gewesen zu sein. In der reichen Fülle der Thier-
gestalten, mit denen in Frankreich namentlich die Säulen der Kreuzgänge verziert
wurden, habe ich diesen künstlerischen Gedanken nicht gefunden. Wenigstens nicht
in derselben Weise und nicht in derselben rein architektonischen Auffassung wie
in Deutschland. Eine ähnliche Stellung der Adler fand ich in der französischen
Kunst nur an zwei Capitellen mit Adlern, die sich über einen zu ihren Füssen
liegenden Menschen herabbeugen, um- ihn mit dem Schnabel zu zerfleischen. Das
eine Capitell befindet sich in der Kirche Notre Dame zu Chauvigny (Vienne)
(Abbildung S. 177). Das andere in der Cathedrale zu Autun. Abbildung S. 176i).
Auch die Vögel in Amboise (in der Kirche St. Denis-Hors), die mit gesenktem
Kopf im Schnabel eine Guirlande halten, könnten wenigstens in diesem Zusammen-
hang genannt werdenüi). Die aufrecht sitzenden Adler sind dagegen an den
(Japitellen in Frankreich ebenso häufig wie in Italien und Deutschland. Siehe
auch S. 28.
Auch für die Greifen brauchte sich der Meister des Landgrafenhauses seine
Vorbilder nicht aus den Ornamenten der italienischen Bauwerke zu holen. Aller-
dings dort (wie auch in Frankreich) sind die Greifen sowohl in Reliefs wie an
den Säulencapitellen besonders schön und vielseitig ausgebildetlml"). Aber seit
den Zeiten der karolingischen Kaiser sind die Greifen auch in der deutschen
Architektur heimisch. Schon am Kaiserpalast zu Ingelheim, der unter dem
Nachfolger Karls des Grosseu vollendet wurde, befand sich das schöne Relief mit
Greifen, das jetzt in das Museum zu Mainz gekommen ist. Auch auf geschnitzten
Elfenbeinkämmen, die bis in die Zeit der Merowinger und Karolinger zurück-
reichen, kommen Greifen vorr). In den Zeiten der sächsischen Kaiser finden wir
Greifen in Gernrode (an den Reliefs der sogenannten Busskapelle.) Von
grosser Schönheit sind sie in Königslutter und Hildesheim sowie an anderen
Bauwerken der Schule von Königslutter, bei denen allerdings die Abhängigkeit
von italienischen Vorbildern nachgewiesen ist. Auch Hecklingen, Magde-
burg nnd namentlich die rheinischen Kirchen, von Mainz bis in die Gegenden
am Niederrh ein bieten zahlreiche Beispiele. Eine besondere Aehnlichkeit
Abbildung bei Baudot, L: ecnlpture en Franee.
Amboiae, Kirche St. Denis-Hore. Abbildung bei Cnmille Martin, Uarehitectnre ronnne
en Frutee I. Tafel LXVI.
Kiinntlerisch vollendete Greifen finden sich namentlich in den romanischen Bauwerken der
Inlnbardei. So n. B. an S. Alnbrogio in Mailand, an S. Miechele in Pavia, am Dom in Borgo S.
Donnlno und an vielen anderen Orten.
1') Z. B. im Museum zu Mainz.
iamillo
Martin
Uarehitecture
YODIIIC