Das
Landgrafenhaus.
Die
Wartburg.
19. Jahrhunderts, die so gern auf prunkvolle Wirkung hinarbeitete, hat sich hier
auffallender Weise Zurückhaltung auferlegt. Dies wirkt um so wohlthuender, da
das Speisezimmer die reichsten Kunstschätze der Wartburg birgt, deren schlichte
schöne Wirkung hier durch keinerlei, dem Auge sich aufdrängende Ausstattungs-
künste beeinträchtigt wird.
Ungewöhnlich für einen Wohnraum ist die hohe Lage der Fenster. Die
Brüstungen der Fenster liegen 1,54 m über dem Fussboden. Die Seitenwandungen
der Fensternischen sind noch zum Theil die alten. Ein Blick ins Freie ist hier nur
dadurch möglich geworden, dass man vor den Fenstern hölzerne Gestelle (Fenster-
tritte) angebracht hat. Doch für die Sicherheit der Bewohner hatte die hohe Lage
der Fenster ihren Nutzen. Bei einer Beschiessung der Burg mussten die Pfeile
über die Köpfe der Bewohner hiuwegfliegen. Mauerschlitze für den Verschluss
der ehemaligen Fensterläden sind von Ritgen in den Fensternischen des Speise-
zimmers gefunden: an jeder Seite ein viereckiges Loch für den iu der Mauer
steckenden Verschlussbalken. Die Bogenarchitektur der beiden Fenster ist erst im
19. Jahrhundert hergestellt. Vor der Restaurirung befanden sich hier (wie bei
fast allen übrigen Fenstern des Gebäudesl schlichte rechteckige, steinerne Fenster-
umrahmungen aus dem 16. Jahrhundert. Bei der neuen Ausführung der Bogen-
fenster ist eine alte, romanische Säule verwendet. Das Capitell ist mit dem
doppelten Blätterkranz verziert, der ganz ähnlich auch an anderen Capitellen des
Landgrafenhauses vorkommt. Diese alte Säule steht in dem nördlichen Fenster,
also zunächst der alten steinernen Innentreppe.
Jetzt betritt man das Speisezimmer vom Hofe aus zu ebener Erde durch den
offenen Lanbengang und durch ein neues bei der Restaurirung des Landgrafenhauses
geschaifenes Rnndbogenportal. Vorher war die Mauer an dieser Stelle geschlossen,
eine flache Nische deutet indessen darauf hin, dass sich hier in irgend einer
früheren Zeit eine T hür befunden hat. Aus dieser Zeit stammt auch der quadratische
Mauerschlitz für den Verschlussbalken der Thür. In der ältesten Zeit, als die unteren
Räume des Landgrafenhauses den Charakter einer fest geschlossenen Festung haben
mussten, hat sich hier, an-einer so leicht zugänglichen Stelle und dicht über dem Fels-
boden des Hofes sicher kein Eingang in das Innere des Landgrafenhauses befunden.
Alt ist die Thür zur Elisabeth-Kemenate und die Thür zu der alten steinernen
Treppe. Neu angelegt ist dagegen die Thür in der Nordostecke, durch welche
jetzt die Speisen von der Küche in das Speisezimmer getragen werden.
Im Jahre 1854 wurde an den Wänden des Speisezimmers (und in der an-
grenzenden Elisabeth-Kemenate) vorübergehend die Watfensammlung der Wartburg
aufgestellt, die seit der Zeit um 1830 im Säugersaal und im Laudgrafenzimmer
aufbewahrt war.