RUHLA,
Kirche.
Eisenach.
166
HEIS 1660. Der 'l'l1urm hat zur Beleuchtung des in seinem Innern liegenden
Altarraumes dieselben schlichten Fenster wie die beiden Sale, nur der untere vier-
eckige Haupttheil ist aus Stein, das achteckige Obergeschoss ist aus Holz. Die
Bekrönung bildet eine tlache achteckige Schweifkuppe, deren gedrückte Form für
das 17. Jahrhundert charakteristisch ist.
Das Innere. Die beiden Gemeindesäle, aus denen das Innere der Kirche
besteht, sind schlichte Saalbauten. Doch in dem schönen Kanzelaufbau schuf der
Architekt ein Vollendetes Kunstwerk, das auch einer Schlosskirche würdig gewesen
wäre. Nur dieser Kanzelanfbau ist von der alten künstlerischen Ausstattung der
Kirche unversehrt erhalten, und nur hier lässt sich der ursprüngliche Charakter
der künstlerischen Ausstattung erkennen. Alles Uebrige im Inneren der Kirche ist
später umgestaltet, namentlich bei dem umfassenden Umbau, welchen die Kirche
im Jahre 1840 erhalten hat. Damals wurde wahrscheinlich auch der Fürstenstand
erbaut und die ganze Kirche mit den antikisirenden Ornamenten jener Zeit aus-
gemalt. Das Gestühl der Kirche wurde damals grossentheils erneuert. Abermals
einen neuen Anstrich erhielt das Innere der Kirche im Jahre 1890; doch bei. diesen
Arbeiten sind die ornamentalen Malereien von 1840 anscheinend erhalten geblieben.
Wie die beiden Säle ursprünglich künstlerisch ausgestattet waren, lasst sich
nicht mehr feststellen. Wir wissen nur, dass der südliche Flügel (wo jetzt die
Orgel steht) anfangs keine Emporen hatte, sondern nur Stühle für die Frauen. Der
Westtlügel dagegen hatte Einporen, aber kein Gestühl. Die Emporen in dem süd-
lichen Flügel sind, wie oben angegeben, erst im Jahre 1708 erbaut. Die Orgel-
empore oder der Singechor ist erst im Jahre 1697 erbaut. Die durchbrochene
Balustrade zeigt den Charakter des Barokstils jener Zeit. Hier wurde damals die
alte Orgel aus der Georgenkirche in Eisenach aufgestellt. Das jetzige Orgelgehause
ist im Jahre 1911 nachden Zeichnungen des Pfarrers Lothar Koch ausgeführt,
der sich dabei an die künstlerischen Formen der Kanzel angeschlossen hat. Das
unschöne Orgelgehäuse aus dem Jahre 1857 ist beseitigt.
Die obere linke Empore im Westilügel wurde um 1730 erbaut. Um dieselbe
Zeit wurde auch die ganze Kirche ausgemalt. Nach dem farbenfrohen Geschmack,
der damals die Ausstattung der ländlichen Kirchen in diesen Gegenden beherrschte,
dürfen wir annehmen, dass die langen Brüstungsilächen der Emporen sowie die
grossen Deckengewölbe mit buntfarbigen figürlichen Gemälden und Ornamenten
bedeckt waren. Die Ausmalung durch den Hofmaler Wunderlich aus Ohrdruft
hat den für jene Zeit recht stattlichen Betrag von 615 Thalern gekostet. Diese
ganze bunte Farbenwelt hat man bei dem Umbau von 1840 vernichtet, wahrscheinlich
weil man nach den stilistischen Anschauungen jener Zeit die Ornamente von 1730
für geschmacklos hielt. S0 wechseln die künstlerischen Anschauungen. Und wenn
man heute die Möglichkeit hatte, die Ornamente des Barokstils unter der Tünche
von 1840 zum Vorschein zu bringen, so würde man wahrscheinlich die antikisirenden
Ornamente von 1840 trotz ihrer "Stilreinheit" mit dem grössten Eifer wieder
hernnterwaschen.
Noch aus der ursprünglichen Bauzeit stammen dagegen die beiden im Halb-
kreis gewölbten Triumphbögen, welche den Altarraum mit den beiden Gemeinde-
salen verbinden. Ferner die beiden grossen, aus Holz hergestellten Deckengewölbe,
welche die Form eines elliptischen Bogens haben. Ueber dem Altarraum liegt
eine horizontale Balkendecke.