Eisenach.
Geschichte
Stadt
Eisenach.
steuerpflichtiges Gut von 30 Mark Werth besassen. Ihre Häuser heissen Brauhöfe,
und die Inhaber bilden die bevorzugte Klasse der Bürgerschaft (Stadtrechte, S. 86t).
Viehzucht und Landwirthschaft waren eine Hauptbeschäftigung der Bürger.
Weinberge gab es am Ofenstein, am Goldberge, am Reihersberg, am Petersberg,
am Landgrafenberg, an der Michelskuppe und am Ramsberg. Auch Hopfen wurde
vielfach gebaut. Die vornehmsten Kaufleute waren die Gewandschneider,
d. h. die Tuchhändler, die den Tuchverkauf in den Gaden des Rathhauses hatten,
wie das wichtigste Handwerk das der Wollenweber gewesen zu sein scheint.
Daneben gab es alle anderen Handwerke des Mittelalters, und sie schlossen sich
in Innungen zusammen (Stadtrechte, S. 76rff.).
Jene reicheren Bürger, die machtigeren und besseren, wie sie Landgraf A1-
brecht in der Erneuerung der Stadtrechte nennt, bildeten auch politisch die bevor-
zugte Klasse, denn aus ihren Geschlechtern setzte sich der jährlich wechselnde
Rath zusammen, in der Weise, dass etwa alle zwei Jahre ungefähr dieselben Leute
im Rathe sassen. Die Willkür, mit der sie oft zum Schaden der Stadt mit dem
Gemeindegut schalteten, stimmte die übrige Gemeinde zu erregter Unzufriedenheit
und führte, wie in anderen Städten, zu einem Wandel der Verfassung, der aller-
dings hier ohne Gewaltsamkeit herbeigeführt wurde. Zur Zeit jener Münzverände-
rung und der Belagerung von Burg Brandenfels mussten die Rathsgeschlechter den
Handwerkern und der ganzen Gemeinde das Recht zugestehen, aus jedem der
Stadtviertel einen Erwählten in den Rath zu schicken, nicht zum Mitrathen und
Mitbeschliessen, sondern wesentlich nur, um die Geldverwaltung zu beobachten.
Seitdem standen jährlich die vier Vormünder auf den Rathslisten. Aber das war
nicht genug. Schon 1387 schenkten einige reiche Vertreter der Zünfte dem treff-
lichen, aber vielleicht etwas zu weitherzigen Landgrafen Balthasar eine Summe
Geldes und setzten bei ihm durch, dass neben die bisherigen 24 Rathsherren noch
12 neue aus ihrer Mitte traten, so dass immer nach den beiden alten Jahrgängen
ein dritter sich einschieben sollte. Nach Ansicht des aristokratisch gesinnten J oh.
Rothe waren die Eindringlinge minderwerthig, liessen Gesetzesübertretungen ge-
schehen und brachten die Stadt noch viel mehr in Schulden und Schaden. In
kurzer Zeit gingen denn auch die Dinge wieder im alten Geleise. (R-othe, Dür.
Chrom, S. 637; v. Strenge-Devrient, Stadtrechte, S.
Wegen der vielen Fehden der Fürsten mussten sich die Bürger auch wehr-
haft halten. Sie übten sich im Armbrustschiessen und hielten in den Schützen-
gesellschaften ihre „S chützenhöfe" ab. Solche wurden in Eisenach im 15. bis
17. Jahrhundert vor dem Nadelthor gefeiert. Der Name der Schützenlache
(jetzt Suezkanal) deutete später noch darauf hinik).
Dass Eisenach für das geistige Leben des Mittelalters nicht ohne Be-
deutung gewesen ist, sei hier kurz erwähnt. Stand Hermanns I. Hof voran im
Ausdruck ritterlicher Lebenslust, so wies später die Aufführung des Spieles von
den klugen und den thörichten Jungfrauen die Gemüther mit furchtbarem Ernst
auf zeitige Umkehr und Busse. Zwei Menschenalter später erklang wieder an
Landgraf Baltliasars Hofe der Ton verfeinerter Lebensfreude (Wenck, a. a.0. S. 259);
Johann Ernst der Aeltere liess eine Reitbahn an der Stelle anlegen, und auch deren Andenken
ist in einem Strassennamen bewahrt, dem der Rennbahn. Sonst hielt man auch am Bleichrasen
Schiitzenhöfe ab.
Bau- und Kunstdeukm. Thüringens. S-Weimar-Eisenach. III. 9