362
EISENAGH,
Die
Stadtbefestigung.
Eisenach.
266
Klemme. Wie schon bemerkt, spricht manches dafür, dass die Nikolai-, die
Marien- und die Michaeliskirche (unterm Glockenthurm) schon vor der Ummauerung
gestanden haben, wenn auch nur als kleine Kirchen oder Kapellen. Dann wäre
Rotlies Angabe in der Hauptsache zutreffend. Ueber den Hellgrefenhof siehe S. 315.
So schützten die Stadt ringsum Graben und Mauer mit Wehrgang und Schiess-
scharten. Die Stadtmauer war gegen Bestürmung noch weiter durch eine grössere
Anzahl Thürme gesichert. H. Peter hat deren 20 mit Sicherheit festgestellt.
Sie waren nicht alle gleich, viereckige wechselten mit runden und sechseckigen.
Voll ausgebaut waren nur die Wachtthürme, von denen sechs nachweisbar sind,
ein aus der Stadtmauer nach aussen vorspriiigender Rundthurm im Schwabe-
schen Garten die Reste sind noch vorhanden die Ilgenburg oder
Lilieiiburg genannt, ein zweiter westlich davon, nördlich von der Ostecke des
Jakobsplans in der Richtung der Kleinen Grünen Gasse, der dritte östlich,
im südwestlichen Theile der Schillerstrasse, wo der Löbersbach aus der Stadt
tloss, ein vierter an der Karthauserstrasse, nördlich von der Einmündung der
Löbersgasse, wo der Löbersbach durch die Mauer in die Stadt hineinfloss
Die Besatzung der beiden letzteren Thürme hatte ge-
Afi-xs gebenenfalls scharf auf jene vergitterten Wasserlöcher
Ä, zu achten, dass sie dem Feinde nicht Eingang ge-
lte währteii. Der fünfte erhob sich hinter der Münze,
(Q5337, der sechste hinter dem Leihhause. Dieser hiess im
i, 18. Jahrhundert der Tliurm mit dem Storchnest
oder auch der Pulvertliurm, weil die Stadt ihre
t Pulvervorräthe darin aufbewahrte Im Anfan e des
Krieg _ g
x 15. Jahrhunderts war dieser sechseckige Ihurm noch
gwtimi-Yzmr du ß W
neu und _diente_ als Gefaiigniss Er hatte unten
ein Verlies; ein mit einem verschliessbaren Ein-
Medaüle zum Einzug steigloch versehenes Zwischengewölbe schloss es ab.
Herzog Johann Wilhelms Als die Reste des Pulvertliurmes 1906 abgebrochen
in Eisenach 1699. wurden, fand man in diesem Raume in Kiesgeröll
und Schlamm zahlreiche menschliche Gebeine, unter
anderem 6 Schädel. Als man drei davon untersuchte, fand man an zweien Hieb-
wundenwf). Auch die Thürme der Stadtthore haben als Gefängnisse gedient.
Re bh an erzählt (Hist. eccl., f. 523), dass 1593 die Visitatoren 4 Geistliche, die von
Grossenlupnitz, Madelungen, Frankenrode und Immelborn, in solche Thürme ge-
fangen setzen liessen.
Die Wachtthürme waren in der Höhe des Wehrganges mit diesem durch
Pforten verbunden. Ebenso war es bei den A ufstiegthürmen. Wie der Name
sagt, dienten diese nicht zu längerem Aufenthalt, und sie waren auch nicht aus-
gebaut, sondern iiur dreiseitig, nach der Stadt zu offen. In der Höhe des Wehr-
i) Auf diesem Thurme wohnte im 17. Jahrhundert ein Wächter, der des Nachts immer ins Horn
stiess, wenn die Uhr schlug. Auch sonst wohnten in den Thor- und Wachtthürmen Leute, Feuerwächter
u. dgl. Limberg spricht im Jahre 1708 von 10 bewohnten Thürmen in und über der Mauer.
M) Die gleiche Verwendung hatte er viel später noch einmal, wenn auch nur kurze Zeit, vom
Jahre 1715 an, als das vorn an der Georgenstrasse und an der Stelle des alten Hellegrefenhcfes liegende
Haus (später das Leihhaus) zum Amthaus eingerichtet war.
i") Näheres bei H. Peter, Beitr. z. Geschichte Eisenachs XIV.