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WEIMAR,
Bibliothek.
Weimar.
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und längere Felder; die Pilaster sind. durch flache Bögen verbunden, von denen die
längeren Bögen durch Reckung" fast korbbogig erscheinen. Ebenso zeigt jede Schmal-
seite (kurze Wand) fünf abwechselnd längere und kürzere Abtheilungen. Eine innere
Pfeilerstellung theilt nun, den Wandpilastern entsprechend, einen Mittelraum von
vier Bogen-Oeffnungen der langen und drei Bogen-Oeffnungen der kurzen Seite ab.
Nochmals sind im Innern dieses Mittelschiifes rechts und links zwei Pfeiler,
an der Schmalseite den beiden mittleren Pfeilern, an der Langseite aber der Mitte
(Zwischenweite) zwischen dem ersten und zweiten, freien Pfeiler entsprechend, auf-
gestellt, so dass also aus den beiden durch Bogen und Gebälk verbundenen Pfeilern
jeder Schmalseite und den drei mittelsten Freipfeilern jeder Langseite des Saales
ein inneres Achteck gebildet wird; dadurch aber, dass die F lachbögen und ihre
Gebälke, welche die Schrägseiten dieses Achtecks bilden, gebogen sind, entsteht
der ungefähre Eindruck einer inneren Ellipse. Wenn auch nicht zu verhehlen
ist, dass vom streng akademischen Standpunkt aus die Art anfechtbar ist, wie
die Bögen und Gebälke von demselben (dem jedesmal 3.) Freipfeiler jeder Lang-
seite aus sowohl in gerader Richtung nach der Schmalseite des Saales hin, als
auch gebogen (in spitzem Winkel anfangend) nach der Mitte des Saales zu laufen,
um die innere Ellipse zu bilden, so ist doch das bewegte Linienspiel, gerade
gegenüber den mit Ausnahme der Capitell-Ornamente schon streng classischen
Gliederungen der Stützen und Gebälke,.höchst anmuthig und reizvoll. Dazu kommt
noch, dass die Wände weiss, die sammtlichen Ornamente vergoldet sind, dass eine
einarmige Treppe, mit hübsch durchbrochenen Wangen und Urnen darauf, von der
einen Ecke des Saales aus ansteigt und dann rechtwinklig, mit Windung gebrochen,
zwischen den Wandgliederungen und den vier Pfeilern der einen Schmalseite in die
Höhe läuft, während neuerer Schmuck und gefällige Anordnung des Nothwendigen,
d. h. der Bücher, das Ihrige zu dem geschlossenen und dabei mannigfaltigen Gesammt-
bilde beitragen. Die Gestelle mit Büchern füllen nämlich die Wandflächen und die
grösseren Bogen-Oetfnungen, die kleineren freilassend, aus (so dass hier Wände und
Durchblicke in verschiedenen Winkeln entstehen), und Gemälde und Bildwerke
schmücken sowohl den unteren Umgang (Seitenschiff) des Saales, als auch einen
oberen, da auf den Gebälken eine offene Gallerie entsteht. Es sind hier inmitten
dieser beiden Räume und auch auf den Brüstungen der Gallerie Büsten aufgestellt,
Bildnisse berühmter Männer und Frauen, auch allegorische, mythologische, aus dem
18. und unserem Jahrhundert, vorwiegend decorativ, aus Gips, doch auch hervor-
ragende Originalwerke darunter. Ferner sind hier Oelgemälde an den Pfeilern auf-
gehängt worden, welche zur Belebung und farbigen Wirkung des in der Architektur
selbst farblos gehaltenen Raumes auf das Trefflichste beitragen. (Ueber die hier
hervorzuhebenden Kunstwerke selbst siehe unten S. 390.)
Im alten Thurm läuft eine hölzerne Wendeltreppe von unten bis oben in künst-
licher Weise (der Sage nach Arbeit eines Gefangenen auf der Osterburg bei Weide.)
um eine Spindel (an deren unterem Sockel: AM TAGE MARGARETHAE 1671 A
welche in mehrfachen Wulsten profilirt und so gewunden ist, dass der innerste Kern
stets frei bleibt, also Durchsicht von unten bis oben gestattet.
Francke, Weimar, S. 68Abbild. Gräbner, S. 72, mit Ansicht, S. 101. Hertel, Held,
Photographieen des Saalea- Kronfeld IfS. 380 f. Lobe, Stich. Preller, in Thüring.
Vereins-Zeitschr. 1857, S. 9. Chr. Richter, auf der im gothaer Museum befindlichen Zeichnung