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Weimar.
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zu brandschatzen, 1808, um sich dort amüsiren zu lassen, 1812 auf der Flucht,
1813, um den Herzog wieder zu gewinnen; im letzteren Jahre sah die Stadt auch
die Schrecknisse des Kampfes selbst, später dann die Kaiser von Russland und
Oesterreich.) So zeigen sich alle Gebäude, welche in jenen Zeiten entstanden, als
Werke ohne sonderliche künstlerische Anregung: der Erneuerungsbau der Jacobs-
kirche 1768, das Fürstenhaus 1774, (die Sommerresidenz Tiefurt), das Witthumspalais,
1767, bezw. 1774, das Residenzschloss (nach dem Brande des alten 1775) 1789-1804,
das Theater 1779 bezw. 1825, die Stadthaus-Restauration 1802, das Schiesshaus 1804,
die Bürgerschule 1822, die Fürstengruft 1825. In den anderen bildenden Künsten ist
nur die Gründung der freien Zeichenschule 17 79 unter thätiger Mitwirkung Goethe's
und Leitung von Kraus hervorzuheben. Wirklich grossartig aber und künstlerisch
war die Verschönerung der Natur, die planmässig seit 1784 betriebene Gestaltung
des Parkes unter lebhaftestem Antheil Goethe's und Bertuchls. Seit der 2. Hälfte des
vorigen Jahrhunderts regte sich in Weimar auch das moderne Gefühl, für Ver-
besserung der Stadt und des Landes vom Gesundheits-Standpunkt aus zu sorgen.
Die Ueberwölbung der Kanäle fand statt (seit 1759), Organisirung des Wege- und
Wasserbaues (seit 1779), Austrocknung des Schwansees (1795) und anderer Teiche
im Stadtgebiet, Niederlegung der Stadtbefestigung und theilweise Entfernung der
Scheuern. Die Sammlungen, welche Carl August gründete oder bereicherte, waren
zum weitaus grössten Theil naturwissenschaftlichen Inhaltes (für Anatomie, Physik
und Chemie, Zoologie, Botanik und Mineralogie); doch wurde auch der bildenden
Kunst 1822 durch Anlegung einer Sammlung von Gemälden, Zeichnungen und
Kupferstichen (damals im Jägerhause) Rechnung getragen. Die Sculptur ist in
jener Zeit, abgesehen von einigen bemerkenswerthen Grabmälern auf dem Jacobs-
kirchhof, nur durch die von Nichtweimaranern gefertigten Büsten der grossen
Zeitgenossen vertreten. Von höchstem Interessefür unser specielles Gebiet könnte
das Ereigniss sein, dass 1817 unter Goethe's unmittelbarer Oberleitung die Erhal-
tung der einheimischen Monumente, sowohl der vorgeschichtlichen wie der geschicht-
lichen, ernsthaft und planmässig betrieben werden sollte, und dass Vulpius gewisser-
maassen zu einem Conservator, wie man heutzutage sagt, ernannt wurde, auch
Reisen machte und Akten schrieb, wenn nicht gerade die Unzweckmässigkeit
der getroffenen Maassregeln, die daraus sich ergebende Erfolglosigkeit und das all-
mähliche Einschlummern des guten Gedankens um so betrübender wäre. Die Zeit,
in welcher Goethe die classischen Zeichnungen von Carsten's, die antiken Münzen
und Steine und die herrlichen Majoliken Italiens und andere Werke des Auslandes
in seinem Hause am Frauenthor zur hervorragendsten Privatsammlung vereinigte,
war eben den Werken vaterländischer Kunst gegenüber, sagen wir es gerade heraus,
nicht gebildet genug, als dass sie mehr that, wie dem Cranachschen Altargemälde
eine mangelhafte, manchem anderem Werk der deutschen kirchlichen Kunst des
Mittelalters eine verderbliche Restauration zu Theil werden zu lassen. Gewisser--
maassen ein Unicum und darum auch hier einzelner Erwähnung werth ist das hohe
Interesse, welches eine in Heilsberg gefundene Inschrift (in der Bibliothek auf-
bewahrt) fand. Was Carl August und seine Rathgeber auf dem organisatorischen
Gebiete für Rechts- und Gesundheitspflege und Unterricht, für Industrie und Land-
wirthschaft thaten, ist so bedeutend, dass es später für die Entwickelung der Stadt
wenigstens mittelbar Früchte trug; ein Eingehen darauf gehört nicht hierher; nur